Queerer Sex


Eine der Wurzeln des alten Klischeebilds von der Tunte, vom schwulen Transvestiten, der auf der Jagd nach Männern ist, kann man darin suchen, dass das feminine, im Idealfall perfekt weibliche Erscheinungsbild einer Tivi es Männern, die ihre homosexuellen erotischen Bedürfnisse nur mehr oder weniger heimlich ausleben, viel leichter macht, zu flirten und anzubandeln. Man flirtet mit einer Frau und bekommt, ein wenig verschämt vielleicht, dennoch jene genitalen Berührungen und Zärtlichkeiten, die es beim Heterosex nicht gibt. Man kann sich dabei auch noch einreden, von der Tivi, da ja so feminin ausgesehen hat, getäuscht worden zu sein. Ob das jemand Dritter glauben würde, steht auf einem anderen Blatt. Meine Erfahrung hat mich gelehrt, dass Tivis im erotischen Beuteschema schwuler Männer etwa bei Null und in dem bisexueller Männer bei etwa 100 rangieren.

Wenn ich mich selbst an die Stelle der Tivi denke, dann wäre das aber auch keine wirkliche homosexuelle Begegnung, denn als Tivi empfinde ich mich als Frau. Wenn ich mit einem Mann Sex habe, der sich als Mann empfindet, was haben wir dann? Irgendetwas, das in kein Schema passt. „Queeren Sex“, so würde ich das ganz einfach nennen.

Ob es wohl eine Statistik darüber gibt, wie oft solcher queerer Sex vorkommt? Sehr selten, wäre meine Antwort. Sex ist in hohem Maße eine Kopfsache, und dazu gehört, dass die Fantasie alles, was passiert, aufbläst und größer macht, einfach nach dem Motto: öfter, geiler, wilder.

Published in: on 20. Oktober 2019 at 21:34  Comments (1)  
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Treue (k)lebt


Ich begehre Frauen und Männer.

Natürlich ist die Anziehung nicht gleich. Frauen wirken viel stärker auf mich. Es gibt viel mehr Frauen, deren Anblick allein erotische Fantasien auslöst, mit denen ich spontan nackt in einem weichen Himmelbett liegen und Zärtlichkeiten austauschen möchte.

So weit, so banal. Das ist nur das kleine Einmaleins der Bisexualität. Hundertfach beschrieben.

Männer regen selten die Fantasie an. Solche, die es tun, sind rare, regelmäßig unerreichbare Glücksfälle. Manchmal sind sie schlicht und einfach heterosexuell. Strikt heterosexuell, das heißt, auch von einer Tivi nicht verführbar, auch nicht von einer feminineren, als ich es bin. Aber Männer müssen nicht unbedingt schön oder Stoff für Tagträume sein. Wenn ich eines auf meinen Ausflügen in Swingerclubs gelernt habe, dann ist es die Kunst, sich gehen zu lassen, einfach auf einer Libido-Welle zu surfen.

Meistens schrecken wir genau davor zurück. Und es gibt auch gute Gründe dafür! Man kann an den Falschen oder die Falsche geraten (gefährliche Menschen mit einem psychischen Knacks meine ich), man kann den Boden unter den Füßen verlieren und auf die Safer-Sex-Regeln vergessen. Es gibt einige „Wenns“ und „Abers“! Aber wenn man so eine Welle reitet, lässt sich der Mann auf das reduzieren, was er zwischen den Beinen hat: seinen Penis.

Die Frau in mir möchte sexuell begehrt werden, manchmal auch einfach ganz wild und roh. Die eigene Fantasie lässt dazu Szenen im Kopf ablaufen, für die es einfach nur pornografische Floskeln gibt: „Komm, geiles Luder, mach die Beine breit und lass dich…!“ Und so weiter halt. Szenen, die der Frau, die ich liebe, nicht gefallen würden, soviel ist gewiss.

Was wäre es mir wert, das auszukosten? Würde ich jemanden verletzen, der auf meine sexuelle Treue zählt? Bricht mit der Treue auch die Liebe? Und was zählt Treue überhaupt? In meinem Alter zählt sie doch schon recht viel, die Treue ganz allgemein, das Zum-anderen-Stehen. Sie könnte das sein, was mich vor Einsamkeit in Alter oder Krankheit bewahrt.

Wäre die Welt eine bessere, wenn wir alle wilder, ungehemmter, experimentierfreudiger und sexuell ungebundener wären? Oder haben die, die es sind, dies es zu sein versuchen, alle miteinander einen leichten Knacks? Treue klebt, sie hält uns zusammen, aber ist Klebstoff wirklich ein sympathischer Stoff? Manchmal erhöhe ich sie zum Ideal, dann wieder verfluche ich sie als sentimentalen Schwachsinn oder als verkappten Besitzanspruch. Aber ich komme von diesem Begriff einfach nicht los!

Published in: on 19. November 2013 at 19:06  Comments (3)  
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