Wackelkontakt


In jüngster Zeit, wobei Zeit für mich in langen Maßen gemessen wird, in jüngster Zeit, Monaten, Jahren, schleichend, habe ich das Gefühl, dass der Kontakt zu meiner weiblichen Seite schwächer wird.

Was heißen könnte, dass ich hier alles zusammenpacke, diesen Blog aufrolle und beginne, meine Geschichte als Mann zu erzählen.

Nein, das passt auch nicht! Nichts passt! Die Dinge passen nur den Menschen, die glauben und nicht denken! Denken, das heißt im „Wenn“ und im „Aber“ schwimmen, den Kopf über Wasser halten, sich gegen das Untergehen wehren. Auch nicht gut, zu viel an übertriebener Dramatik!

Einige Jahre lang war ich mir meiner doppelten Identität ziemlich sicher. Aber im Augenblick wird Tanja schwächer. Und ich bin nicht froh darüber. Sie wird nicht verschwinden (ich war erst letzten Samstag Tanja), aber schwächer eben.

Ich suche nach den Ursachen. Da gibt es Hypothesen:

  • Ich altere sichtbar, habe ein paar Speckröllchen zu viel ober den Hüften, und einige meiner Sachen sind dadurch recht eng oder zu eng –> die rationale Erklärung.
  • Ich bin ein Herz und eine Seele mit meiner Liebsten, und da stört Tanja als „die Andere“ und wird eskapistisch weniger gebraucht –> die emotionale Erklärung.
  • Die immer wieder sichtbar werdende Spaltung der Transgender-Gemeinschaft in Transvestiten und Transsexuelle frustriert mich –> die politische Erklärung.

Vielleicht ist es eine Mischung aus allen dreien.

Published in: on 12. März 2016 at 21:39  Kommentare deaktiviert für Wackelkontakt  
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Treue (k)lebt


Ich begehre Frauen und Männer.

Natürlich ist die Anziehung nicht gleich. Frauen wirken viel stärker auf mich. Es gibt viel mehr Frauen, deren Anblick allein erotische Fantasien auslöst, mit denen ich spontan nackt in einem weichen Himmelbett liegen und Zärtlichkeiten austauschen möchte.

So weit, so banal. Das ist nur das kleine Einmaleins der Bisexualität. Hundertfach beschrieben.

Männer regen selten die Fantasie an. Solche, die es tun, sind rare, regelmäßig unerreichbare Glücksfälle. Manchmal sind sie schlicht und einfach heterosexuell. Strikt heterosexuell, das heißt, auch von einer Tivi nicht verführbar, auch nicht von einer feminineren, als ich es bin. Aber Männer müssen nicht unbedingt schön oder Stoff für Tagträume sein. Wenn ich eines auf meinen Ausflügen in Swingerclubs gelernt habe, dann ist es die Kunst, sich gehen zu lassen, einfach auf einer Libido-Welle zu surfen.

Meistens schrecken wir genau davor zurück. Und es gibt auch gute Gründe dafür! Man kann an den Falschen oder die Falsche geraten (gefährliche Menschen mit einem psychischen Knacks meine ich), man kann den Boden unter den Füßen verlieren und auf die Safer-Sex-Regeln vergessen. Es gibt einige „Wenns“ und „Abers“! Aber wenn man so eine Welle reitet, lässt sich der Mann auf das reduzieren, was er zwischen den Beinen hat: seinen Penis.

Die Frau in mir möchte sexuell begehrt werden, manchmal auch einfach ganz wild und roh. Die eigene Fantasie lässt dazu Szenen im Kopf ablaufen, für die es einfach nur pornografische Floskeln gibt: „Komm, geiles Luder, mach die Beine breit und lass dich…!“ Und so weiter halt. Szenen, die der Frau, die ich liebe, nicht gefallen würden, soviel ist gewiss.

Was wäre es mir wert, das auszukosten? Würde ich jemanden verletzen, der auf meine sexuelle Treue zählt? Bricht mit der Treue auch die Liebe? Und was zählt Treue überhaupt? In meinem Alter zählt sie doch schon recht viel, die Treue ganz allgemein, das Zum-anderen-Stehen. Sie könnte das sein, was mich vor Einsamkeit in Alter oder Krankheit bewahrt.

Wäre die Welt eine bessere, wenn wir alle wilder, ungehemmter, experimentierfreudiger und sexuell ungebundener wären? Oder haben die, die es sind, dies es zu sein versuchen, alle miteinander einen leichten Knacks? Treue klebt, sie hält uns zusammen, aber ist Klebstoff wirklich ein sympathischer Stoff? Manchmal erhöhe ich sie zum Ideal, dann wieder verfluche ich sie als sentimentalen Schwachsinn oder als verkappten Besitzanspruch. Aber ich komme von diesem Begriff einfach nicht los!

Published in: on 19. November 2013 at 19:06  Comments (3)  
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unerwiderte Liebe


Sie ist etwas Grauenhaftes. Ist sie überhaupt Liebe? Kann Liebe etwas Einseitiges sein? Oder ist das bloß Verliebtheit, ist es sinnlose Sehnsucht?

Und wann ist Liebe überhaupt „erwiderte Liebe“? Wenn der geliebte Mensch zu einer sexuellen Begegnung bereit war? Wenn er sich verbal deklariert hat („Ich liebe dich!“ Ich dich auch!“)? Wenn er einem einfach in die Augen schaut, und man ein Einverständnis, ein seelisches Berühren verspürt – oder dies zumindest glaubt? Wenn er sein Leben mit dir teilen möchte?

Ganz besonders tückisch ist die Spielart der (Selbst-) Täuschung. Man begegnet jemandem. Man spürt Sympathie und erotische Anziehung. Man meint Liebe oder doch zumindest den ersten Zauber von Verliebtheit zu spüren. Und dann kommt die Frage: „Täusche ich mich?“ Und man bleibt stumm und starr. Man verliert sich in (Tag-) Träumen von dem oder der anderen. Und es kommt vielleicht eine zweite Begegnung, eine zweite Chance, bei der ist vom ersten Zauber nichts oder nur mehr viel weniger zu spüren. Und man fragt sich, bis an sein Lebensende vielleicht: „Habe ich mich getäuscht, oder habe ich bloß nicht schnell genug reagiert und damit alles zerstört?“

Wenn es wirklich Liebe ist – ein ganz großes und mächtiges Ding, wie man sagt, eine „Himmelsmacht“ -, müsste sie dann als Gefühl nicht ein wenig stabiler, weniger zweifelsbeladen und nicht so zerbrechlich sein? Wenn man das als Maßstab anlegt, kenne ich so etwas wie Liebe gar nicht.

Erschwerend kann hinzukommen, dass es sich um ein homosexuelles Gefühl handelt, der andere Mensch also dem eigenen (genetischen) Geschlecht angehört. Hier muss man überhaupt erst ein sicheres Gefühl für seine oder ihre sexuelle Orientierung haben, bevor man eine Geste auch nur in Erwägung zieht. Sonst könnte das fatale soziale Folgen haben. Denn insbesondere Hetero-Männer empfinden es oft als die ultimative Beleidigung, für schwul gehalten zu werden. Wohl nicht zuletzt deswegen bewegen sich homosexuelle Menschen so gerne in einer „Szene“ unter ihresgleichen.

Ist man sich dann sicher, dass das eigene Gefühl unerwidert bleibt, wie geht man damit um? Wie zieht man einen emotionalen Schlussstrich und kehrt in die Nüchternheit des sozialen Alltags, zu Freundschaft oder Kollegenschaft zurück? Geht das überhaupt? Oder bekommt man so nur statt der Leidenschaft wortwörtlich etwas, das „Leiden schafft“?

Ist Liebe als Gefühl nun eine Himmelsmacht oder bloß ein Wegweiser, der uns zu einer Chance leitet?

Published in: on 23. Juni 2011 at 12:11  Kommentare deaktiviert für unerwiderte Liebe  
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Kunst oder Handwerk?


Was ist die Liebe nun, Kunst oder Handwerk? Sind die Kräfte, die uns an einen anderen Menschen binden, höhere Himmelsmacht, Schicksal, Bestimmung, das Ergebnis feiner Ästhetik oder grobe Tischlerei?

Diese Fragen lasten mehr oder weniger schwer auf uns allen, so wir nicht eine zölibatär-solitäre Existenz in einer Mönchsklause der Zwei- oder Mehrsamkeit vorziehen.

Wir wünschen uns natürlich die höhere Himmelsmacht oder die feine Ästhetik, doch ist die Realität nicht einfach das solide Handwerk? Und gibt es nicht genug Gründe, dieses Handwerk zu verfeinern und zu ehren?

Der Morgen im Bett zu zweit hat selten etwas vom geschniegelten Glanz eines Werbespots für Edelmargarine oder Luxus-Kaffeemaschinen, makellos schöne Körper im weichen Licht, saubere Seidenbettwäsche, ein duftendes Frühstückstablett wie von Zauberhand ans Bett serviert und jede Menge Zeit….oh weh! Die Realität ist gebrauchte, buntscheckige Bettwäsche, sind ein piepsender Wecker, Ringe um die Augen und ein „Du hast wieder einmal geschnarcht!“ oder „Ich hasse das Aufstehen!“ zur Begrüßung.

Mit einer Partnerin oder einem Partner in solch glanzloser Atmosphäre auszukommen, das ist Beziehungshandwerk, aber ist es auch Liebe? Und ist es Kunst, trotzdem zu lachen, einen Kaffee zu machen (gut, nicht ganz den tollen, für den der George Clooney Werbung macht! ;-)) und unter Anspannung zu lächeln wie eine körpergestählte Ballerina beim Spitzentanz?

Und wie ist das, wenn man sich küsst, wenn man es genießt, Freude daran hat, und da ist doch dieser klitzekleine, böse Wurm im Hinterkopf, der einem sagt: „Und sie hat doch zuerst den Kopf weggedreht, als Du dich ihr genähert hast!“ oder „Erinnerst Du dich noch an den Kuss mit F***? So muss es knistern, wenn sich die Lippen berühren!“? Doch leider ist F*** woanders oder mit A*** zusammen (oder schwul oder lesbisch, oder was weiß ich!). Jedenfalls außer Reichweite. Und die Realität ist, dass du ein Bein fest an den Sessel deiner Beziehung leimen musst, weil er das ist, was du hast, lange dauernd, zerbrechlich und verlässlich zugleich.

Ganz gleich, ob man auf Wolken schwebt oder bloß in der sprichwörtlichen Beziehungskiste haust: die Erinnerungen entscheiden. Durch sie stehe ich selbst heute noch Menschen innig nahe, mit denen ich nie die Spur einer „Beziehung“ hatte. Die Erinnerungen sind der Prüfstein für Kunst und Handwerk.

Published in: on 2. Mai 2011 at 10:31  Kommentare deaktiviert für Kunst oder Handwerk?  
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