Basti allein am Spieltisch


Ich habe schon sehr lange nicht mehr gebloggt. Schiebt es auf meine immense berufliche Arbeitslast, schiebt es auf meine damit zusammenhängende Neigung zu Depressionen. Wiederholte berufliche Enttäuschungen und permanenter Frust sind halt kein guter Nährboden für Kreativität.

Wieder einmal versuche ich es, und vielleicht wird diesmal etwas daraus (wenn ihr daraus schließt, dass es bei mir eine Mülldeponie mit unveröffentlichten Texten und Textfragmenten gibt, liegt ihr richtig).

In diesen Oktobertagen des Jahres 2019 kann man in Österreich nicht publizieren, ohne die Nationalratswahl 2019 zu erwähnen. Ihr Ergebnis kann man nachlesen, seit heute ist es amtlich, die Stimmenauszählung ist abgeschlossen.

Österreich ist also, nach der relativen Mehrheit der Parteien pro Bundesland, ein türkises Meer mit einer roten Insel namens Wien. Sebastian Kurz, der nicht allein als der jüngste und als der erste seit 1945 vom Parlament abgesetzte Regierungschef in die Geschichte eingehen wird, ist wieder designierter Bundeskanzler. Und seine türkis-schwarze Österreichische Volkspartei verfügt über die satteste relative Mehrheit in einem österreichischen Parlament seit Menschengedenken, ist aber mit 37,5 % der Mandate doch weit von einer absoluten Mehrheit entfernt. Das alles ist bekannt und wird seit einer Woche in den Medien erörtert.

Mit wem wird ER also? Türkis-Blau, Türkis-Rot – oder gar mit den Grünen? Letztere Idee bringt die publizistischen Bienenstöcke derzeit ordentlich zum Summen, gerade weil auch die Öko-Partei eben erst ihre Auferstehung und Wiedergeburt feiern durfte.

Ich sage: Blödsinn! Natürlich wird Kurz mit allen reden, mit einigen, darunter auch den Grünen, wohl auch „ernsthaft versuchen“ zu einem Übereinkommen zu gelangen (siehe dazu weiter unten). Aber man sollte darauf hören, was er im Wahlkampf immer wieder betont hat: Sebastian Kurz möchte eine „Mitte-Rechts-Politik“ machen bzw. den entsprechenden Kurs seiner gescheiterten ÖVP-FPÖ-Regierung fortsetzen.

Das geht mit den Grünen nicht. So weit können die sich gar nicht verbiegen. Ein paar Zugeständnisse könnte der designierte Kanzler schon machen, eine CO2-Steuer ließe sich in ein Steuerreformpaket mit ein paar Zuckerln für die Industrie packen, eine Toleranzregelung für Migranten ohne gesichertes Aufenthaltsrecht, die in Mangelberufen eine Lehre machen, wird sogar von Teilen der Wirtschaft befürwortet. Die könnte dann von den Grünen als humanitäre Errungenschaft verkauft werden. Aber das war’s dann im Wesentlichen auch schon. Jede/r politisch Denkende mit der Fähigkeit zum Kopfrechnen kann kalkulieren, dass bei nur fünf Stimmen über der absoluten Mehrheit von 92 Abgeordneten die Türkis-Grüne Mehrheit bei der nächsten Wahl schon wieder futsch wäre. Weil die grüne Partei Richtung Rot (oder einer anderen Konkurrenz links der Mitte) ausrinnen und die ÖVP in Richtung Blau Stimmen verlieren würde.

Und wie wäre es mit ÖVP-SPÖ, der „ganz alten“ großen Koalition aus der Zeit von 1945 bis 1966 unter konservativer Führung? Nicht solange die schwer verwundete Sozialdemokratie sich in Krämpfen windet, Symptome von Flügelkämpfen zeigt und völlig führungslos wirkt. Und bei der ÖVP will das auch keiner so recht, vielleicht als Notlösung, aber sonst?

Ja, und dann wäre da noch der nette Herr Norbert Hofer, der doch soooo schön darum bitten tät‘, Vizekanzler werden zu dürfen! Und dessen FPÖ die Wählerschaft gerade netterweise auf ein für Sebastian Kurz viel handlicheres Format komprimiert hat, ohne die absolute Mehrheit beider Parteien zu gefährden. Aber an der FPÖ klebt noch länger der schauderhafte Hautgout des Ibiza-Skandals, ihre innere Stabilität scheint noch nicht gesichert, aus den Ereignissen rund um das Ende der Regierung Kurz I sind einige Rechnungen nicht beglichen, und dementsprechend ist das gegenseitige Misstrauen groß. Außerdem würde der ständige Erklärungsbedarf in EU-Gremien und bei konservativen Parteifreunden nerven, warum man sich mit diesen Rechtspopulisten schon wieder unter eine Tuchent legt. Doch zweifelsfrei gibt es eine breite gemeinsame weltanschauliche Basis mit den Effen, das wird Sebastian Kurz nicht vergessen.

Ich denke nämlich, dass der designierte Bundeskanzler strategisch auf eine ÖVP-Alleinregierung, formal also eine Minderheitsregierung, hinarbeitet, abgesichert durch einen parlamentarischen Nichtangriffspakt mit der FPÖ. Ein solcher Pakt würde den Verzicht der Freiheitlichen auf Beteiligung an jedwedem Misstrauensvotum gegen die Regierung Kurz und die Unterstützung gewisser fix paktierter Gesetzgebungsakte (die Budgetgesetze natürlich, sonst teils ÖVP-, teils FPÖ-Anliegen) umfassen. Dies im Austausch gegen die wohlwollende Unterstützung von FPÖ-Kandidat/inn/en bei einzelnen wichtigen Postenbesetzungen. Sonst müsste sich die ÖVP ihre Mehrheit im Parlament selber suchen, könnte sich also auf wechselnde Mehrheiten stützen, müsste aber auch das Überstimmtwerden durch die Blauen gemeinsam mit Rot und Grün akzeptieren.

Für die ÖVP und ihren derzeit nahezu unangreifbaren Chef hätte dies den Vorteil, etwa in allen Personalfragen im öffentlichen Dienst weitgehend frei schalten und walten zu können. In allen Fragen, die keines Bundesgesetzes bedürfen, hätte die Volkspartei allein das Sagen. Der Propagandaapparat der Bundesregierung könnte allein von den Türkisen benützt werden. Und natürlich käme dies den narzisstischen und eitlen Charakterzügen des Politprofis Sebastian Kurz entgegen. Er müsste die Stargarderobe und die Bühne des Regierungstheaters mit niemandem teilen.

Also sitzt Herr Basti in den nächsten Wochen aus meiner Sicht in Wahrheit innerlich alleine am Spieltisch und versucht dort, mit wechselnden Partnern eine Reihe von nervenzerfetzenden Pokerpartien zu simulieren. Es geht dabei einzig und allein darum, den Ausstieg jeweils so hinzubekommen, dass Öffentlichkeit und Bundespräsident mit einem „Leider nein, des war nix!“ die Achseln zucken und Kurz solange weiterspielen lassen, bis er am Ende allein übrigbleibt und den Thron besteigen kann.

Bundespräsident Van der Bellen ist der Unsicherheitsfaktor im Kurzschen Machtkalkül. Er könnte theoretisch den Wunsch nach einer ÖVP-Minderheitsregierung negieren und stattdessen die Beamtenregierung Bierlein bis zum Sankt Nimmerleinstag im Amt belassen, oder solange eben, bis eine Parlamentsmehrheit ihr das Misstrauen ausspricht.

Wenn Vorschlaghämmer und Speerspitzen kommunizieren


Politik ist eine Frage der Kommunikation. Eine nette, kleine Fußnote aus dem Nationalratswahlkampf 2013 zeigt uns sehr schön, wie man es nicht macht.

Wenn jemand wie Frank Stronach eine ÖVP-Frau wie die Ex-ORF-Generaldirektorin Monika Lindner zur Kandidatur für sein „Team Stronach“ (TS) überredet, welche Botschaft sendet er da?

Aus meiner Sicht kann das nur als Signal an die ÖVP verstanden werden: „Wir sind am Ende doch vom gleichen Schlag!“ Also eine dezente aber klar verständliche Aufforderung an die ÖVP, das TS als möglichen Koalitionspartner in ihre strategischen Pläne einzubeziehen und so den Ballhausplatz für das bürgerliche Lager zurückzuerobern.

Falls das der „fränke“ Plan gewesen sein sollte, hätte man ihn wohl der Nummer zwei, dem Klubchef Robert Lugar, etwas ausführlicher erklären müssen. Denn selbiger fuhr Tags darauf mit der Sensibilität eines kiloschweren Vorschlaghammers drein und verkündete, Lindner sei beim TS die Rolle zugedacht,  als „Speerspitze“ gegen ORF, Raiffeisen und Erwin Pröll zu fungieren.

Das genügte. Monika Lindner schmiss ihre Kandidatur hin, offenbar nachdem „Fränk“ sich geweigert hatte, Lugar für sein dummes Hineingröhlen zu maßregeln.

Leider sind die Wahlvorschläge bereits eingereicht und damit nicht mehr abzuändern, denn die Stimmzettel und Wahlunterlagen werden bereits gedruckt. Monika Lindner wird daher die Kandidatur fürs TS (auf Platz Nummer drei des Bundeswahlvorschlags, also an überaus wählbarer Stelle) nicht „erspart“ bleiben. Sie kann das Mandat nach der Wahl ja auch ablehnen.

Ergebnis: das Verhältnis zwischen TS und ÖVP ist schwer gestört, das TS hat sich – nicht zum ersten Mal – als Haufen bunt zusammengewürfelter politischer Amateure entlarvt, und Frau Lindner kann wohl jeden Versuch vergessen, in dieser Welt noch etwas anderes zu werden als eine wohlbestallte Pensionistin.

Und das nur, weil ein großgoscherter Kerl, halb Profi, halb Amateur, nicht verstanden hat, wie die Botschaft lauten sollte!

Edit 27. November 2013 (sehr früh): Monika Lindner ist übrigens gewählt worden, hat das Mandat angenommen und sitzt jetzt als „wilde Abgeordnete“ (ohne einem Klub anzugehören) im Nationalrat.

Edit 27. November 2013 (abends): Monika Lindner hat diesen Blogeintrag endlich gelesen und ist sofort zurückgetreten. Echt!

Published in: on 16. August 2013 at 23:44  Kommentare deaktiviert für Wenn Vorschlaghämmer und Speerspitzen kommunizieren  
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Die Medienorgel und die Politik


Der Generaldirektor des Österreichischen Rundfunks (ORF), Alexander Wrabetz, und die sozialdemokratische Partei (SPÖ) mussten zurückstecken: Nikolaus „Niko“ Pelinka, seines Zeichens SPÖ-Jungstar, wird nicht als „roter Politkommissar“ Büroleiter des ORF-Chefs (und damit auch dessen politisches Schutzschild; Wrabetz war bei den Sozialdemokrat/inn/en zwischendurch recht umstritten). Die Mehrheit der Medien und der ORF-Redakteurinnen und -Redakteure feiert dies als Sieg journalistischer Unabhängigkeit. Und die „schwarze Reichshälfte“ grinst sich eins. Denn wie man es auch dreht und wendet, der Pelinka-Handtuchwurf ist eine blamable Niederlage für dessen Förderer aus der „roten Reichshälfte“.

Vom früheren ORF-Generalintendanten Gerd Bacher stammt die Metapher vom ORF als der „größten Medienorgel des Landes“. Nun, inzwischen dürfte wohl auch den Letzten im Lande bewusst geworden sein, dass diese Orgel arg verstimmt ist, keucht, hustet, quietscht und kracht!

Und das liegt – Überraschung! – meiner bescheidenen Meinung nach nicht an der Politik! Das Gezetere um die „Politisierung“ des ORF (und dessen angeblich folgerichtig notwendige „Entpolitisierung“) ist vielmehr Ablenkungsmanöver, Ausdruck der Naivität oder pure Heuchelei. Wenn wir die Tatsachen als gegeben annehmen, dass

  1. der ORF ein Unternehmen im Besitz der Allgemeinheit ist (die derzeitige Konstruktion ist die einer öffentlich-rechtlichen Stiftung sui generis),
  2. Politik der Vorgang ist, Fragen von allgemeinem Belang zu diskutieren und zu entscheiden, und
  3. politische Parteien der „Transmissionsriemen“ sind, über den Meinungen aus dem Volk in die Entscheidungsgremien übertragen werden,

dann wird es nie möglich sein, dem ORF eine Führung zu geben und eine redaktionell-inhaltliche Linie vorzuschreiben, ohne Politik zu machen und dabei Parteien mit im Spiel zu haben. Bisher war jede „entpolitisierende“ ORF-Reform, sowohl die von 1966 als auch die von 1974 und 2001, nur eine mehr oder weniger gelungene Verschiebung der politischen Gewichte, meistens sogar einfach eine bemüht kaschierte Umfärbung.

Auch die ORF-Journalist/inn/en, die den Rückzug Niko Pelinkas jetzt als Triumph ihres Anspruchs auf Unabhängigkeit feiern, sind mit Sicherheit nicht allesamt politische Eunuch/inn/en und bloß den hehren Zielen eines stets kritisch-unabhängigen Journalismus verbunden! Der eine hätte vielleicht gerne statt des linken Chefredakteurs X lieber die mehr liberale Frau Y, die andere sähe es gerne, wenn gerade ihrer Abteilung im komplizierten Geschachtel der ORF-Hierarchie mehr Einfluss oder Budget zukäme, aber eine Agenda haben sie wohl so gut wie alle, man muss ja nicht nur in den Kategorien der Parteifarben denken!

So, wie die Dinge stehen, sehe ich nur drei „Lösungen“ für die Frage der politischen Einflussnahme auf den ORF:

  1. Man nimmt die Dinge, wie sie sind. Dem Sieger die Beute, einer Regierungsmehrheit im Nationalrat fällt auch die Kontrolle über den ORF zu, was sie dann draus macht (lange Leine oder straffer Regierungs-Propagandafunk), ist ihre Sache.
  2. Man versucht ein basisdemokratisches Modell nach dem Motto: „Der ORF gehört uns allen!“ Die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien wird alle paar Jahre durch Wahlen von den zahlenden ORF-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern entschieden. Wer Einfluss möchte, muss sich durch diese Wahlen in Position bringen.
  3. Man sprengt die Bude in die Luft oder teilt sie einfach auf. Ein TV-Kanal sowie der kommerzielle Teil der Radioprogramme wird in eine Aktiengesellschaft eingebracht und anschließend an den Meistbietenden verkauft. Der Rest wird aus dem Budget finanzierter öffentlich-rechtlicher Regierungsrundfunk – solange man dafür halt noch einen Bedarf sieht.

Die wahren Probleme des ORF liegen also eigentlich ganz woanders. Die Kluft zwischen Aufwand und Werbeerträgen, die durch das (zwangsweise eingehobene) Programmentgelt geschlossen werden muss, wird zunehmend breiter. Um die Zuschauerquoten zu halten, imitiert man die Programmpolitik der Kommerzsender, sägt aber damit auch am öffentlich-rechtlichen Sonderstatus. Würde man aber umgekehrt die Quotenjagd abblasen und sich auf den Status eines Qualitätssenders mit Kulturauftrag zurückziehen, wären Apparat, Aufwand und Gebührenhöhe kaum zu rechtfertigen. Jeder weiß es im Grunde, aber kaum jemand spricht es aus. In einer Medienlandschaft, in der WWW und digitaler Rundfunk immer mehr verschmelzen, haben öffentlich-rechtliche Rundfunk-Schlachtschiffe im Design der 1970er ebensowenig Zukunft wie die „große Samstagabendshow“ im Stil von „Wetten dass?“ In Wahrheit dürfte die Frage eher lauten, ob es nicht besser wäre, ORF-1 gleich jetzt zu verkaufen, wo ein solcher Fernsehkanal noch einen Marktwert hat, als in zehn Jahren, wenn er mit etwas Pech ungefähr so wertvoll sein könnte wie eine Linotype-Bleisatzmaschine von anno 1960 in der Welt der Micro-Bloggingdienste.

Die meisten Orgeln stehen nämlich, was gerne vergessen wird, in Kirchen. Und die Zeit, in der sich die Fernsehgemeinde zum täglichen ZiB-Gottesdienst verlässlich vor der Flimmerkiste einfand, ist unwiderruflich vorbei!

Published in: on 26. Januar 2012 at 22:22  Kommentare deaktiviert für Die Medienorgel und die Politik  
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Das „Was“ und das „Warum“ von Leistung und Zahlung


Eine nette Geschichte hat der grüne Parlamentsabgeordnete Peter Pilz da (anhand eines internen Revisionsberichts der Österreichischen Bundesbahnen – ÖBB) aufgedeckt.

Peter Hochegger, Public-Relations-Berater und Berufslobbyist, habe einen ganz speziellen Coup gelandet. Er habe den bei einem von ihm moderierten internen Workshop der ÖBB präsentierten, von einem ÖBB-Mitarbeiter erfundenen Namen „Railjet“ für die ÖBB-Luxus-Hochgeschwindigkeitszüge einfach flugs selber markenrechtlich schützen lassen und später von den ÖBB etwa € 180.000 brutto für die Nutzung der Rechte kassiert.

Teufel auch, so ein raffinierter Schlingel, clever abgestaubt, schon ein toller Hecht dieser Hochegger, ein echt smarter Businessman, der die biederen ÖBBler da mit einem Lächeln über den Tisch gezogen hat!  Herr Hochegger lässt sich ja selber gerne als Kommunikations-Guru und Marketing-Wunderwuzzi feiern.

Bloß eines: So,wie grad erzählt, ist die Geschichte so fadenscheinig wie ein zehn Jahre altes Hemd und etwa so wahr wie Baron Münchhausens Mondflug. Man muss nur ein bisserl nachdenken!

Also, was passiert mir, Tanja Werdenberg, wenn ich als externe Beraterin zu internen Brainstormings eines Großunternehmens beigezogen werde, dort die Idee für eine neue Marke mitbekomme, und daraufhin etwa zum Patentamt galoppiere, um mir die Marke kraft Prioritätsrechts selber zu sichern?

Ganz richtig, zuerst einmal mache ich mir die Geschäftsbeziehung kaputt, denn der Arbeitgeber des Markenerfinders wird natürlich stinksauer sein und mich nicht mehr bei der Türe hereinlassen. Dann könnte er mich auf Schadenersatz verklagen, denn ich wette um viel Geld, jedes gängige Vertragsmuster für einen externen Berater oder Seminarcoach enthält eine Treue-, Schweige- und Schadenersatzklausel mit saftigen Vertragsstrafen. Und natürlich handle ich ganz allgemein dolos und wider Treu und Glauben, wenn ich eine fremde Idee auszubeuten versuche. Wenn ich dann frech versuchen sollte, die Markenrechte zurück zu verkaufen, werde ich höchstwahrscheinlich ein knappes „Gehn’s sch***n!“ oder „In your wet dreams!“ hören. Eine sozusagen „jungfräuliche“, das heißt noch nicht marktmäßig eingeführte Marke ist nämlich in Wahrheit kaum etwas wert, da sie problemlos durch eine andere ersetzt werden kann. Hätten die ÖBB im Railjet-Fall ihren Zug halt RailFlyer oder SuperCityExpress genannt, statt einem vorwitzigen Abstauber Geld nachzuschmeißen.

Merkt jemand was? „Wo war mei‘ Leistung?“ Von Peter Hochegger können wir annehmen, dass er es weiß.

Es stimmt also entweder die Schlussfolgerung von Peter Pilz, dass die damalige Führung der ÖBB-Personenverkehrs AG treuwidrig Peter Hochegger Geld zugeschanzt hat. Oder….?

Man liest heutzutage ja eine Menge über politische Korruption. Peter Hochegger, der unter Unschuldsvermutung steht und mehr als nur „ÖVP-nahe“ ist (er war ÖVP-Abgeordneter im steirischen Landtag), wird etwa öffentlich bezichtigt, an unsauberen Vorgängen rund um die BUWOG-Privatisierung oder an der Einflussnahme der Telekom Austria AG (nunmehr „A1“) auf den früheren BZÖ-Verkehrsminister Hubert Gorbach beteiligt gewesen zu sein. Es gab in der Vergangenheit sicher auch die eine oder andere Verordnung oder Entscheidung, mit der ein Verkehrsminister den ÖBB einen Gefallen hätte tun können. Vielleicht dann, wenn ihn ein einflussreicher Lobbyist recht schön darum gebeten hätte?

Heute wird nicht mehr mit über den Tisch geschobenen Kuverts oder Geldkoffern bestochen. Heuzutage bedankt man sich bei Ex-Politiker/inne/n mit „Consulting-Verträgen“ und sponsert (extrem teure) Homepages, den als PR-Vehikel des Herrn Minister dienenden Fußballklub, die Parteizeitung oder Sekretärinnen. Auch Insidertipps für risikolose Börsegeschäfte oder ein gut dotierter Job für den Herrn Neffen oder die Frau Nichte könnten „part of the game“ sein. Zahlen tun dann gerne scheinbar unbeteiligte Vierte, die das Geld bei Dritten verdient haben, und für alles gibt es natürlich „supersaubere“ Rechnungen.

Herrje, fast sehnt man sich in die „unschuldigen“ Zeiten zurück, als „Parteispenden“ wirklich noch im schwarzen Koffer übergeben wurden, und nicht die Tango Corrupti SA in Panama der Ego & Ego Privatstiftung in Liechtenstein die nächsten geschäftlichen Pläne der börsennotierten B2-AG zugeflüstert hat!

Edit 31. August 2011, 17:10 Uhr: frisch erschienen im „Falter“ 35/2011 ist unter dem Titel „Shitlist Telekom“ eine Darstellung der bisher aufgeflogenen Korruptionsskandale aus der Ära der schwarz-blau-orangen Bundesregierung (mit Schwerpunkt Telekom Austria) von Joseph Gepp und Wolfgang Zwander.

Published in: on 31. August 2011 at 11:26  Kommentare deaktiviert für Das „Was“ und das „Warum“ von Leistung und Zahlung  
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So verlangt’s die Disziplin…..


Sommerlochthema „Die Töchter in der Bundeshymne“.

Kurzfassung: Ich bin natürlich dafür.

Langfassung: Die ÖVP blamiert sich öffentlich schwer, als ihre Nationalratsabgeordneten durch das in Österreich selten gebrauchte Instrument der Filibusterrede einen Initiativantrag ihrer aus dem Nationalrat ausscheidenden Kollegin Maria Rauch-Kallat zur Änderung des Textes der Bundeshymne verhindern.

Ein Skandal, konservative Machos machen eine mutige Frau und ihr feministisches Anliegen nieder!

Schmafu, wer meint, bei dieser Sache wäre es um den Text der Bundeshymne und die textliche Gleichberechtigung von „Töchtern“ und „Söhnen“ gegangen, zielt meterweit am Punkt vorbei!

Karlheinz Kopf, dem Klubobmann der Volkspartei, war sicher nicht ganz wohl in seiner Haut, als er das „Filibustern“ befohlen hat. Aber der Klub- oder Fraktionschef heißt im Englischen nicht umsonst „(Chief-)Whip“, die Peitsche, der Einpeitscher (der Partei nämlich).

Hier ging es um Disziplin, und nirgendwo in der Politik ist diese so streng wie in den Reihen der „Droidenarmee“, über die SPÖ, FPÖ und ÖVP in den österreichischen Parlamenten gebieten (doch auch bei den Grünen wäre der Fernsteuerchip im Abgeordnetenhirn im Zweifel aktivierbar, wie man in Wien derzeit beobachten kann).

Herr Kopf und sein Parteichef durften im Interesse des Zusammenhalts der angezählten Volkspartei den Präzedenzfall nicht dulden, dass eine Abgeordnete – und sei es eine ihren Abschied nehmende verdiente Veteranin wie Rauch-Kallat! – aus der Reihe tanzt und ohne Befehl der Parteispitze aktiv wird.

Daher wurde ein Exempel statuiert und die Initiative brutal niedergeknüppelt. Die schlechte Presse dafür hat man achselzuckend in Kauf genommen. Ging halt nicht anders! Hauptsache, die übrigen Schweine am Trog wissen jetzt wieder, dass sie zu fressen, Geschäftigkeit vorzutäuschen und auf Kommando unisono „Ja“ oder „Nein“ zu grunzen haben!

Und dieses System, in dem man eigentlich die Abgeordneten problemlos durch Stimmrechte ersetzen könnte, die auf einer Chipkarte des Parteiobmanns gespeichert sind, wird weiter funktionieren. So lange, bis ein Persönlichkeitswahlrecht den Schwerpunkt der Loyalität von der jeweiligen Parteiorganisation (die in Wahrheit die Mandate vergibt) zu den Wählerinnen und Wählern verschiebt.

Hanna aus Hollabrunn


Die neue Frau Bundesministerin für Inneres heißt also Johanna Mikl-Leitner. Auf die (nach dem Familiengeschäft der Baumaterialgewinnung) von Freund und Feind gerne leicht despektierlich „Schotter-Mizzi“ genannte Maria Fekter folgt also eine, die Freundinnen und Freunde angeblich „Hanna“ rufen. Diese Frau ist nun für die österreichische Transgender-Community in naher Zukunft entscheidend.

Denn es liefen in jüngster Vergangenheit Sondierungen, ob die höchstgerichtlichen Entscheidungen den Personenstandswechsel von Transsexuellen betreffend (nebst der einen oder anderen flankierenden verfahrensrechtlichen Frage) nicht in allseits akzeptierter Weise gesetzlich verankert werden könnten.

Nach dem Wechsel von Frau Fekter zum „wahren Schotter“ (sie wird an die Spitze des Finanzministeriums befördert und damit die bis dato mächtigste Frau in der Geschichte der Republik) hängt das nun alles in der Luft. Politische Verhandlungen dieses Zuschnitts und dieser (untergeordneten) Bedeutung werden in der Regel mit Fachbeamt/inn/en und Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern des „Kabinetts“ (das ist der persönliche Stab einer Ministerin oder eines Ministers) geführt. Das Kabinett wird nun wohl großteils ausgetauscht, und damit steht einmal alles, denn wer möchte schon als politisch denkender Kabinettsmensch gleich in Woche eins einen Deal mit Interessengruppen machen, die so mancher in konservativen Kreisen immer noch eher mit der Kneifzange anfassen möchte?

Nein, das Thema „Transgender“ ist in der Herrengasse zumindest für ein paar Wochen vom Tisch.

Und die neue Frau Bundesminsterin, Frau Magistra rer. soc. oec. Johanna „Hanna“ Mikl-Leitner? Ihr sagt man Klugheit aber auch Härte und eine gewisse Neigung zum Sarkasmus nach. Politisch gilt sie als Schöpfung des mächtigen ÖVP-Landeshauptmanns von Niederösterreich, Erwin Pröll, der sein Bundesland noch im Stil eines aufgeklärten Feudalfürsten zu verwalten pflegt. Ideologisch ist sie schwerer einzuordnen als der neue Vizekanzler. Sie kommt wohl auch aus dem ÖAAB, hat im Schuldienst, als Verlagsmanagerin, Unternehmensberaterin und berufsmäßige Parteifunktionärin gearbeitet, war Abgeordnete zum Nationalrat und ist (noch) Mitglied der niederösterreichischen Landesregierung (zuständig für Soziales und Familien). Man wird sehen, wie sie mit dem komplizierten und politisch nicht einfärbigen Beamtenapparaten der Sicherheitsbehörden und des Korps der Bundespolizei zurechtkommt.

Und so sind wir denn nun in Hannas, der HAK-Lehrerin aus Hollabrunn und Großharras Händen….da freut sich auch nur die Dichterin in mir, die gern mit Stabreimen jongliert! 😉

Published in: on 20. April 2011 at 21:19  Kommentare deaktiviert für Hanna aus Hollabrunn  
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Die ÖVP hat einen Neuen!


Die Österreichische Volkspartei, die christlich-konservative der drei Groß- und Volksparteien – niemals hätte ich gedacht, dass ich diese Zahl schreiben muss! – hat einen neuen starken Mann, Michael Spindelegger heißt er, Außenminister (korrekt: Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten) ist er von Beruf. Jetzt wird er zusätzlich auch noch Vizekanzler und Bundesparteiobmann.

Was liest man da zu biografischen Details? Aha: Jurist, niederösterreichischer Landesdienst, ÖAAB, CVer, Milizoffizier, politischer Sekretär von Ex-Verteidigungsminister Robert Lichal, Ritter vom Heiligen Grab. Klingt wie der Lebenslauf eines erzkonservativen „Stahlhelmers“ vom rechten Rand der Volkspartei, klingt nach Standesdünkel, Besitzstandswahrung und Kerzelschluckerei.

Und doch: die Wahl ist wohl hauptsächlich deshalb auf Michael Spindelegger gefallen, weil er ein positives und sympathisches Image sein Eigen nennt. Neben der Nebelwand Reinhold Mitterlehner und der nicht nur akustisch schrillen Law-and-Order-Frau Maria Fekter hatte er wohl leichtes Spiel.

Als Minister kann er eine fehlerfreie Bilanz vorzeigen. Ob er mehr als ein smarter Manager ist, ob er also kreativ gestalten kann, wird sich zeigen. Seine Biografie lässt allerdings bei mir einige Alarmlichter blinken. Die ÖVP muss, da sind sich eigentlich alle einig, die Städte zurückerobern, vor allem gilt das für Wien, wo die ÖVP gerade dabei ist, im politischen Nirvana zu verdunsten.

Ob ein katholischer „Grabesritter“ aus Mödling dafür der Richtige ist? Und vor allem: warum war da sonst niemand?

Published in: on 15. April 2011 at 13:47  Kommentare deaktiviert für Die ÖVP hat einen Neuen!  
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