Staatsanwaltschaftsstandespolitik


Vorbemerkung: Da ich das „Gendern“ von Texten mit Schrägstrichen, Binnen-Is und Sternderln*, das auch ich hier praktiziert habe, als sprachlich plump und den Lesefluss störend empfinde, den dahinter stehenden Grundsatz einer geschlechtergerechten Sprache aber für richtig halte, probiere ich es in diesem Text einmal damit, die feminine Form als die allgemeingültige zu verwenden. „Staatsanwältin“ steht in diesem Text also auch für „Staatsanwalt“.

In Österreich dreht sich derzeit vieles um die Frage der Unabhängigkeit der Justiz…doch halt! Holen wir etwas weiter aus, fangen wir ganz anders an!

Die in zunehmend unruhigem Fahrwasser schlingernde Volkspartei, die ihren Bundeskanzler Sebastian Kurz unerwartet als Beschuldigten in einem Ermittlungsverfahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sehen muss, bekämpft die Anklagebehörde nicht nur mit den Rechtsmitteln des Strafverteidigers sondern auch mit den Machtmitteln der Politik. Falsche Beweisaussage vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss ist keine Kleinigkeit, vor allem, weil es sich dabei um eine genuin politische Straftat handelt. Die seit Jahren von Erfolg zu Erfolg eilende Kanzlerpartei dürfte die Bedeutung der Aussage ihres Chefs im Ibiza-Untersuchungsausschuss des Nationalrats grob unterschätzt haben. Denn sonst wäre Kurz dort wohl besser vorbereitet angetreten, und das Malheur wäre nie passiert.

Doch es ist passiert, und seither sind die Mitarbeiterinnen der WKStA gleichsam vogelfrei und laufen mit einer Zielscheibe auf dem Rücken herum, auf die jede ÖVP-Funktionärin, von der mittelwichtigen Parlamentarierin an aufwärts, nach Belieben ballern darf.

Das Ganze spielt vor einer tiefer reichenden Auseinandersetzung, die in all dem verbalen Getöse, den hin- und herfliegenden Beschuldigungen, leider völlig untergeht. Es geht nämlich auch um Standespolitik, und hier, das wird sie jetzt vielleicht überraschen, passen die wütenden und unberechtigen Angriffe der Volkspartei den Staatsanwältinnen und ihren Standesinteressen ganz gut ins Konzept. Die Opferrolle ist hier eine erstrebenswerte Rolle, denn einem Opfer schuldet man etwas. Als Opfer ist man der Öffentlichkeit sympathisch, findet man leicht Verbündete und kann eigene Interessen durchsetzen.

Was sind nun aber die standespolitischen Ziele der Staatsanwältinnen? Da gibt es deren zwei.

Das eine ist die dienstrechtliche Stellung der Staatsanwältinnen. Jede Staatsanwältin sieht sich selbst als Richterin, obwohl das aus verfassungsrechtlicher Sicht natürlich nicht stimmt. Das hat einen simplen und typisch österreichischen Grund. Jede Staatsanwältin hat nach dem Studium die richterliche Grundausbildung durchlaufen und muss die Richteramtsprüfung abgelegt haben (§ 174 Abs.1 Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz – RStDG). Für beide Gruppen gilt dasselbe Dienstrechtsgesetz. Die Zahl der Juristinnen, die aus einer anderen Karriereschiene Richtung Staatsanwaltschaft abgebogen sind, was ziemlich mühsam und kompliziert ist, dürfte verschwindend gering sein. Viele Staatsanwältinnen waren einige Zeit als Richterinnen tätig. Und dabei haben sie sich an einige in der Verfassung garantierte Privilegien des Richteramts (Art. 87, Art. 88 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG) gewöhnt, etwa die freiere Einteilung der Dienstzeit, die weniger straffe Dienstaufsicht und die Weisungsfreiheit bei allen Entscheidungen. Die hätten sie jetzt auch im neuen Job ganz gerne. Aus Standessicht sollten die Staatsanwaltschaften also wie Gerichte organisiert sein. Dort darf die Gerichtspräsidentin einen nicht in ihr Büro zitieren und sagen: „Den Fall A*** betreffend, machen sie es soundso!“ Die leitende Staatsanwältin kann das, darf das. Und sie muss es sogar tun, wenn sie der Meinung ist, dass sich ihre Untergebene verrannt hat (oder wenn eine Weisung von weiter oben in der Hierarchie vorliegt).

Den bisher größten diesbezüglichen Erfolg konnten die Standesvertreterinnen im Jahre 2008 feiern, als es ihnen gelungen ist, die Bundesverfassung zu ihren Gunsten systemwidrig zu verbiegen. Art. 90a B-VG sagt seither in seinem ersten Satz: „Staatsanwälte sind Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit.“ Im zweiten Satz steht dann, dass sie trotzdem Weisungen befolgen müssen. Richterinnen sind sie also zwar nicht, aber immerhin! Ich habe auf der Universität noch gelernt, dass Staatsanwältinnen zur Verwaltung zählen, eben weil ihre an Weisungen gebundene berufliche Stellung durch Art 20 Abs. 1 B-VG bestimmt wird. Seither gibt es in Österreich also weisungsgebundene Organe der Gerichtsbarkeit. Aber was ist schon die Systematik und Verständlichkeit der Bundesverfassung im Vergleich mit dem beruflichen Wohlbehagen der Damen und Herren von der Anklagebehörde!

Der zweite Punkt ist, dass die Staatsanwaltschaften sich von jeder politischen Kontrolle lösen möchten. Diesem Ziel sind sie so nahe wie nie zuvor. Nicht mehr die Justizministerin sondern das Amt einer unabhängigen „Bundesstaatsanwältin“ (Arbeitstitel) soll über das Budget verhandeln, Büroräume mieten, die Dienstaufsicht an oberster Stelle ausüben und (unter möglichst vielen Einschränkungen und Vorbehalten) Weisungen in Fragen der Strafverfolgung erteilen. Faktisch käme dies einer Teilung des Bundesministeriums für Justiz in ein „Bundesministerium für Justizpolitik und Strafvollzug“ und ein „Bundesministerium für Strafverfolgung“ gleich. Diese Änderung, natürlich als „Reform“ tituliert, wird auch von der amtierenden grünen Justizministerin Alma Zadic unterstützt. Ihre konkrete Ausgestaltung wird noch von einigen politischen Deals abhängen, denn dafür muss natürlich neuerlich die Bundesverfassung geändert werden.

Man sollte sich an dieser Stelle darüber klar werden, warum die Sehnsucht nach einer unabhängigen obersten Anklägerin so groß ist. Die Österreicherinnen wünschen sich eine „gute Kaiserin“ oder eine „gerechte Richterin“ im Chefinnensessel, weil ihnen klar ist, dass die im Konzept der österreichischen Bundesverfassung angelegte politische Verantwortung der obersten Organe nicht funktioniert. Nicht funktionieren kann, weil in Österreich nicht Menschen sondern Parteien gewählt werden, die Mandate wie Lehen vergeben, vorzugsweise an gut lenkbare Parteisoldatinnen. Das eigentliche Problem ist aus meiner Sicht also die Wortfolge „nach den Grundsätzen der Verhältniswahl“ in Art. 26 Abs. 1 B-VG. Denn das damit festgeschriebene Prinzip des Verhältnis- und Listenwahlrechts erlaubt keine Direktwahl der Abgeordneten durch die von ihnen vertretenen Bürgerinnen.

Keine US-Bürgerin hat ein Problem damit, dass die Justizministerin dort explizit den Titel „General(staats)anwältin der Vereinigten Staaten“ führt. Weil dort die (direkt gewählten) Abgeordneten und Senatorinnen nicht an der kurzen Leine einer Parteiorganisation herumlaufen und auf Kommando bei Abstimmungen die Hand heben oder unten lassen. Staatsanwältinnen in den einzelnen Bundesstaaten und deren Regierungsbezirken werden sogar oft als Politikerinnen vom Volk ins Amt gewählt – und eventuell auch schnell wieder abgewählt! Natürlich sind die allesamt nicht unabhängig sondern stehen unter enormem Druck ihrer Wählerschaft (und der Geldgeberinnen, die den nächsten Wahlkampf finanzieren sollen). Ich will dieses System auch nicht als Vorbild bezeichnen. Aber wir sehen daraus, dass es keiner magischen Tarnkappe namens „Unabhängigkeit“ bedarf, um als Anklägerin Strafgesetze zu vollziehen, dass es aber einer straffen Kontrolle der handelnden Personen bedarf, sei es an der Wahlurne, sei es im Wege der Dienstaufsicht.

Der laufende Versuch des abgewählten Präsidenten Donald Trump, sich durch Kontrolle über die Willensbildung innerhalb der Republikanischen Partei Macht über die Parlamentarierinnen zu verschaffen (also gewissermaßen ein Stück des politischen Systems Österreichs zu kopieren) sorgt für verbreitetes Unbehagen. Hierzulande lautet die Tendenz, die ich mit Unbehagen sehe, der verachteten politischen Klasse, zu der pauschal Parlamentarierinnen wie Regierungsmitglieder gezählt werden, Stück für Stück Macht wegzunehmen, um diese einer „unabhängigen“ Persönlichkeit zu übertragen, auf die allerhand Hoffnungen projiziert werden. Noch während dieser Blogeintrag im Entstehen war, haben sich Proponentinnen eines „Volksbegehren für Rechtsstaatlichkeit und Antikorruption“ zu Wort gemeldet, die unter anderem das Ziel einer unabhängigen Bundesstaatsanwaltschaft auf ihre Fahnen geschrieben haben.

Das kann gut gehen, muss es aber nicht. Die in der Verfassung zu verbriefende Unabhängigkeit einer Bundesstaatsanwältin bedingt nämlich eine Beschränkung der Rechte des Parlaments. Dies zumindest im Umfang einer festen Amtsdauer von etwa zehn Jahren, einer Begrenzung des Interpellationsrechts (wer täglich mit einem Dutzend schriftlicher Anfragen bombardiert wird, kann ein solches Amt nur schwer ausüben) und einer auf Fälle juristischer Todsünden beschränkten Disziplinarverantwortung. Das wird wiederum dazu führen, dass sich alles auf die Auswahl des neuen obersten Organs der Vollziehung zuspitzen wird. Gesucht ist eine fachlich qualifizierte Person, die die Aura der Unabhängigkeit umgibt (ein früher ausgeübtes Richteramt wäre ein exzellenter Empfehlungsbrief!), die aber dennoch nicht eklatant gegen Partei- und Regierungsinteressen vorgehen würde. Wer auch immer dieses politische Turnier für sich entscheiden wird, sie oder er wird auf lange Zeit die österreichische Justizpolitik gestalten, ohne dass das Parlament ernsthaft dazwischenfahren könnte. Im schlimmsten Fall bekommt Österreich dann eine von der Verfassung für sakrosankt erklärte stramme Parteisoldatin auf diesen Posten gesetzt. Boshaft sage ich: Hätte sich Christian Pilnacek durch das „Derschlogt’s es!“-Protokoll und diverse Chat-Nachrichten nicht selbst vorzeitig disqualifiziert, hätte er als einer der Favoriten in dieses Rennen gehen können.

Nicht so gut? Nun, Standesvertreterinnen hätten die Lösung gleich parat. Gar kein politischer Einfluss mehr, Bestellung der Bundesstaatsanwältin durch eine Art von oberstem Personalsenat der Justiz, dem das Recht zukommen könnte, Verwaltungsorganen wie der Justizministerin oder dem Bundespräsidenten einen Ernennungsvorschlag zu präsentieren, aus dem dann, im für die Politik noch günstigsten Fall, ausgewählt werden darf.

Wir vergessen in unserem Enthusiasmus über „gerechte Richterinnen“ und unabhängige Bundesstaatsanwältinnen, die allemal besser wären als das „Politikergesindel“, dass sich hier eine elitäre Kaste bilden könnte, ein der Kontrolle durch anderer Gewalten zunehmend entzogener „Gerichtsbarkeitsstand“, der sich, sauber getrennt vom übrigen gemeinen Juristinnenvolk, aus den eigenen Reihen selbst ergänzt, sich selbst kontrolliert und Stück für Stück weitere Teile der Vollziehung in die eigene Einflusssphäre zieht. Niemand kann derzeit sagen, wann der Punkt erreicht wäre, an dem dann ein neues und nicht ungefährliches Ungleichgewicht im Gefüge der Bundesverfassung entsteht.

Wenn ich mir eine, wirklich nur eine Reform der östereichischen Bundesverfassung wünschen könnte, dann würde ich für die Einführung des Personen- an Stelle des Verhältniswahlrechts und für die Direktwahl der Abgeordneten des Nationalrats in Einerwahlkreisen optieren. Ich möchte mir die Frauen und Männer, die Gesetze beschließen und Regierungen an der Macht halten, nämlich selbst aussuchen können. Und ich möchte nicht von Menschen regiert werden, die sich allein auf Grund der von ihnen abgelegten Dienstprüfung für legitimiert halten, Politik zu machen, ohne Politiker zu sein.

Update 16.8.2021: Datum des Inkrafttretens von Art. 90a B-VG richtiggestellt (1.1.2008).

Published in: on 22. Juli 2021 at 19:20  Kommentare deaktiviert für Staatsanwaltschaftsstandespolitik  
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Weisung und Kontrolle


Kaum gibt es eine neue Bundesregierung in Österreich und mit ihr einen neuen Bundesminister für Justiz (Dr. Wolfgang Brandstetter, parteilos), schon springt mir ein altes Lieblingsthema wieder ins Gesicht: das Weisungsrecht des Justizministers gegenüber den Staatsanwälten. Der „Neue“ ist – natürlich, möchte man fast sagen – dagegen, hat die Justizwelt aber bisher auch aus der Perspektive des Rechtsprofessors und Strafverteidigers betrachtet.

Seine Idee nun: ein „Weisenrat“ soll ihn bei der Ausübung des Weisungsrechts unterstützen und überwachen. Nett, natürlich unverbindlich – weil gesetzlich nicht vorgesehen und gegen die Verfassung -, aber wenigstens eine Idee.

Die Verfassung stellt aber klar vorgezeichnete Mittel bereit, um den Bundesminister für Justiz in seiner Rolle als oberster Staatsanwalt der Republik in den Schranken zu halten. Die Instrumente der parlamentarischen Kontrolle nämlich: Interpellationsrecht (mündliche und schriftliche Anfragen), Enquetterecht (Untersuchungsausschüsse),  Misstrauensvotum und staatsrechtliche Anklage. Das sind scharfe Waffen, zumindest in der Theorie.

Diese Kontrolle funktioniert nicht, weil das Parlament in der österreichischen Realverfassung bloß eine verlängerte Werkbank der Regierung ist. Die Abgeordneten, eingespannt in ein Netz aus persönlichen und parteipolitischen Abhängigkeiten, stimmen so, wie es ihnen vorgegeben wird und enthalten sich eigenständiger Initiativen.

Jede Idee, etwa statt des weisungsberechtigten aber dem Parlament verantwortlichen Justizministers einen unabhängigen „Bundes- oder Generalstaatsanwalt“ oder einen „Rat der Justiz“ einzusetzen, stellt eigentlich einen Schritt in Richtung Entmachtung des Parlaments dar. Die Öffentlichkeit sympathisiert mit solchen Ideen bloß aus einem Grund: weil sie den abhängigen Abgeordneten misstraut. Sie vertraut dagegen Beamten, Staatsanwälten und Richtern. Die Menschen, die sich das System der parlamentarischen Kontrollrechte ausgedacht haben, hätten das für absurd gehalten.

Die Wurzel des Problems ist also in Wahrheit das Verhältnis- und Listenwahlrecht, das Parteiloyalitäten fördert und uns stets aufs Neue ein Parlament mutloser Jasager beschert.

Published in: on 22. Dezember 2013 at 19:42  Kommentare deaktiviert für Weisung und Kontrolle  
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Wer bremst denn da?


Tippte man dieser Tage das Wort „Schuldenbremse “ in eine Suchmaschine, so würde man mit Medienberichten über eine von der österreichischen Bundesregierung initiierte Verfassungsänderung eingedeckt. Es geht, kurz gesagt, um die Aufnahme einer Klausel ins Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), die die gesetzmäßige Aufnahme von neuen Staatsschulden quantitativ begrenzt und dies sowie den Abbau bestehender Schulden zum verfassungsmäßigen „Staatsziel“ erklärt.

Einen Textvorschlag dafür gibt es noch nicht. Nach einer Schrecksekunde formiert sich inzwischen auch Widerstand gegen das Vorhaben (am linken Flügel der SPÖ vor allem). Und natürlich hat die Bundesregierung die gesetzgebende Gewalt in eine fatale Zwickmühle gesetzt. Findet das Vorhaben keine Verfassungsmehrheit (Zweidrittelmehrheit, das heißt, mindestens eine der Oppositionsparteien muss zustimmen) und scheitert, wird eine Herabstufung der Bonität der Republik durch internationale Ratingagenturen (Stichwort: Tripple-A-Verlust) die wohl unvermeidliche Folge sein. Und dann wird die Sparklemme noch härter zwicken oder, ohne Gegensteuern, sich der Abstieg in Richtung Staatsbankrott rasend beschleunigen.

Wozu überhaupt diese Verfassungsbestimmung? Ist das nicht reine Show, juristischer Bühnenzauber, um die Prüfer vom Moody’s & Co zu beeindrucken?

Zuerst habe ich das auch gedacht, es gibt aber zwei gewichtige Argumente dagegen.

Zum einen könnte man die Klausel so fassen, dass sie unmittelbar und hart wirkt. Jedes Gesetz müsste auf seine finanziellen Auswirkungen geprüft werden, findet sich keine verfassungskonforme budgetäre Deckung für den zu erwartenden Aufwand, könnte das Gesetz (z.B. eine Erhöhung der Gehaltssätze der Bundesbediensteten) als verfassungswidrig kassiert werden. Damit verbunden wäre eine ungeheure Machterweiterung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH), der damit zum obersten „Budgetrichter“ und zur Nebenregierung der Republik würde.

Ich glaube nicht, dass irgendjemand im Umfeld der Bundesregierung so weit gehen möchte.

Es gibt aber noch eine andere, realistischere Variante. Und auch hier ist der VfGH ein entscheidender Faktor in der politischen Gleichung. Jede Budgetsanierung wird blutige Einschnitte in abgesicherte, „wohlerworbene Rechte“ bedingen, die äußerst schmerzhaft sein werden. Egal, ob es die Arbeitsplätze, Gehälter oder Pensionsansprüche von Beamten und ÖBB-Eisenbahnern, vertraute Steuerprivilegien (z.B. das steuerbegünstigte 13. und 14. Monatsgehalt), die so genannte „Hacklerpension“ oder die (Wieder-) Einführung oder Erhöhung von Steuern (auf Grund und Boden, Vermögen, Erbschaften, Schenkungen, Stiftungen…) betrifft: die Betroffenen werden Widerstand leisten. Und die bisherige VfGH-Judikatur zu „wohlerworbenen Rechten“ (Vertrauensschutz, Schutz vor gleichheitswidriger Willkür des Gesetzgebers) ist tendenziell streng, insbesondere Verträge (–> Eisenbahner-Dienstrecht) sind durch (einfaches) Gesetz kaum zu knacken, und der Rest auch nur mit guten, sachlich auf der Hand liegenden Gründen.

Schon mit einer „Staatszielbestimmung Schuldenbremse“ im B-VG könnte sich die rechtliche Perspektive des VfGH da entscheidend verschieben. Der Vertrauensschutz von Individuen und Begünstigengruppen könnte zu Gunsten eines „Solidaritätsgrundsatzes“ (unter der Prämisse, dass die Sanierung der Staatsfinanzen ein Primärziel des Gemeinwohls darstellt) in den Hintergrund treten.

Und darum führt an der „Schuldenbremse“ wohl leider kein Weg vorbei.

Published in: on 23. November 2011 at 19:08  Kommentare deaktiviert für Wer bremst denn da?  
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