Alex und die Busen-Neider


Alex, der schneit da einfach herein und bringt die schöne, heile Transgender-Welt durcheinander! Reißt dutzende von Transfrauen aus ihrer gemächlichen Ruhe, und lässt es in zwei bis drei Wassergläsern mit Orkanstärke stürmen!

Ich schreibe über den Menschen, der diesen Gastkommentar in einem Blog verfasst hat: Der Mannfrau: Leben ohne Gender-Stereotypen. Einen faszinierenden, mir im Grunde sympathischen Menschen mit kreativ-künstlerischem Hintergrund, der als Non-Binary lebt, das heißt, sich körperlich und dem Lebensstil nach weder fest dem männlichen, noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen möchte. Allein das war für mich ein Anlass, mein eigenes TG-Glossar hier im Blog wieder einmal zu bearbeiten.

Vor diesem Artikel war er kurze Zeit recht aktiv im TransGender.at-Forum, das ich co-moderiere, bis er sich schmollend – und publizistische „Gegenschläge“ andeutend – wieder zurückgezogen hat (Abschiedsposting vom 20. September 2017). Aus meiner Sicht war die Ursache für seinen Ärger nicht so sehr die Kritik, die ihm von einigen Userinnen zuteil wurde, als vielmehr seine naive Erwartungshaltung beim Eintritt. Aber wenn jemand mit dem Anspruch, ein Profi zu sein und mit Profis (Fotograf/inn/en, Visagist/inn/en) zu arbeiten, auftritt und eine Fotoserie präsentiert, dann muss er auch entsprechende Kritik (also z.B. an Kleidung, Posen und Make-up auf Fotos) aushalten. Wenn jemand mit dem Anspruch, völlig anders als der Rest der betreffenden Peer-Group zu sein, in ein Internet-Forum kommt, sollte er es auch aushalten, wenn man seine ganz persönliche Rolle hinterfragt oder bezweifelt. Vor allem, wenn er der Gruppe den Eindruck vermittelt hat, es besser als alle anderen zu machen.

Alex hat bei mir den Eindruck hinterlassen, für seinen Lebensstil und seine Arbeit eine Welle uneingeschränkten Applauses erwartet zu haben. Die gab es aber nicht. Und das hat Alex gekränkt. Und so kam eines zum anderen.

Womit Alex jedoch Unmut und Protest hervorruft, sind Passagen wie die folgende:

Mit meinen schulterlangen Haaren und androgynem Look wurde ich schon oft als Frau angesprochen. Ich sah das nie als Beleidigung, sondern als Kompliment, da selbst bekennende Transgender ein derartiges „Passing“ nur selten schaffen. Immer, wenn ich selbst eine Trans-Frau auf der Straße sah, war ich entsetzt, wie sehr diese aus großer Entfernung auffiel und welche negativen Reaktionen sie bei den Menschen verursachte. War es das schlechte MakeUp, die überzogene Körpersprache, das übertrieben weibliche Outfit, oder doch einfach die männlichen Gesichtszüge, die massiven Schultern und die fehlende Hüfte, die sie verriet? Ob ich in der Masse von Menschen als Frau durchgehen könnte? Gibt es überhaupt eine Möglichkeit, als Mann weibliche Kleidung zu tragen, ohne aufzufallen bzw. lächerlich zu wirken?

Ich versuche die Botschaft, die Alex damit an andere Transgender, insbesondere an Transsexuelle sendet, einmal einfach zugespitzt in andere Worte zu übersetzen:

Ich bin toll. Auch ohne aufwändige Behandlungen habe ich als Non-Binary ein Passing als Frau, das Transgender selten schaffen. Die wirken meistens lächerlich und fallen auf. Und die haben einfach nicht den Stil, den ich als Profi habe! Wenn die einfach mir als Non-Binary nacheifern würden, ginge es ihnen besser.

So kommt das vermutlich ungefähr rüber.

Ich kann verstehen, wenn eine transsexuelle Frau bei solchen Aussagen vor Wut aufheult und ablehnend reagiert. Für sie sind ihr Leben und ihre Transition nämlich keine Fragen eines wählbaren Lebensstils sondern schlichte Notwendigkeiten. Ein schlechtes Passing, das das Geburtsgeschlecht erkennen oder auch nur erahnen lässt, kann für sie seelische Schmerzen bedeuten.

Und dann kommt die Passage, mit der Alex mehr oder weniger die Brücken zwischen sich und großen Teilen der TG-Gemeinschaft abbricht (Unterstreichungen von mir):

„Meiner Meinung basiert Transsexualität oft auf Männer mit Busen- und Feminismus-Neid, die mit ihrer gesellschaftlichen Rolle und dem beruflichen, privaten sowie sexuellen Druck nicht zurechtkommen bzw. überfordert sind und sich Besserung bzw. Absolution dadurch erhoffen, den Penis operativ zur Fake-Vagina operieren zu lassen und nach einem veralteten Frauenbild zu leben. Und dann komm ich daher und lebe ihnen vor, dass man sich nicht für ein Geschlecht entscheiden muss, um gesellschaftlich akzeptiert zu werden und die Vorteile von Mann und Frau vereinen kann, was ihren gesamten Lebensweg anzweifelt.“

Das ist aus meiner Sicht eine Aussage an der Kippe zum Lächerlichen. Damit wildert er noch dazu auf einem Gebiet, das zu beurteilen er weder durch eigenes Erleben, noch durch eine fachliche Ausbildung qualifiziert ist. Ich glaube nicht, dass Alex die Gefühle einer Transfrau wirklich nachvollziehen kann. Auch ich kann sie nur mit dem Verstand zu erfassen versuchen. Und es klingt da ein wenig von einem messianischen Heilsversprechen durch: Folgt meinem Beispiel, ihr Transgender, tut was ich tue, lebt, was ich vorlebe, und alles wird gut, ganz ohne Psychotherapie, Hormone und Skalpell! Dazu kann man eigentlich nur lächeln und den Kopf schütteln.

Was auch immer Alex an Richtigem schreibt, was er gut beobachtet und durchschaut hat, was er Richtiges tut, um Gender-Stereotypen sozial und künstlerisch aufzubrechen, durch solche kurzsichtigen Aussagen macht er es zunichte und sich selbst in mancher Hinsicht zum feindseligen Außenseiter.

Es ist eigentlich jammerschade!

Rückblick auf den Wendepunkt


Liebe Leserin, lieber Leser – ist da noch jemand? – sei gewarnt! Was jetzt kommt, das steht in meinem Lehrbuch der Bloggerei ganz oben auf der Liste des Unausstehlichen, Banalen und Abgeschmackten.

Bloggen sollte eine gesunde Mischung aus Persönlichem und Dingen von allgemeinem Interesse sein. Kein „öffentliches Tagebuch“ sondern ein Spiegel in deiner Hand, der einen leicht abgelenkten, subjektiven aber nie rein selbstreflexiven Blick auf die Welt möglich macht.

Doch heute schreibe ich nur über mich. Es muss sein. Heute bin ich die Exklusivstory. Die Uhr tickt, morgen werde aufwachen und fünfzig Jahre alt sein. Ich werde um vier Uhr morgens zu Weckertönen meines Handys aus dem Bett steigen, zum Flughafen eilen und einen Tag in Brüssel verbringen, wo ich in finsteren Konferenzsälen der Europäischen Kommission mit rund zwei Dutzend beruflichen Schicksalsgenoss/inn/en in einer Sprache palavern muss, die wir als „Englisch“ bezeichnen, aber da habe ich so meine Zweifel! Und etwa so gegen elf Uhr abends bin ich dann eh wieder zu Hause. „Ich“, das ist in diesem Fall natürlich Tanjas Zwillingsbruder.

Natürlich macht der Tag nicht den Unterschied. Es ist ein Tag wie jeder andere. Mein Haar wird danach um keinen Deut grauer sein, kein zusätzlicher Ansatz eines Altersflecks wird sich zeigen, keine weitere hässlich hervortretende Vene an meinen Beinen wird gerade morgen erscheinen.

Aber ich lese die fatale Zahl und weiß: schaue ich jetzt zurück, so liegt der Wendepunkt meines Lebens schon irgendwo da hinten, hinter mir, auf der bereits zurückgelegten Strecke. Denn dass ich Hundert werde, das ist zwar nicht unmöglich aber doch recht unwahrscheinlich. Es geht bergab, zwar nicht rasant, manches im Leben wird mit dem Alter sogar langsamer, aber in regelmäßigen, immer rascher laufenden Zyklen spüre ich die Panik vor dem Versäumen, die Reue des bereits unwiederbringlich Versäumten, das Gefühl des Versagens vor dem Augenblick, den es einzufangen gilt.

Vielleicht ist es ganz gut, wenn ich morgen, weit weg von allen Gratulantinnen und Gratulanten, bis zum Hals in langweiligem Europakram stecke!

Published in: on 26. Juni 2017 at 19:44  Comments (2)  
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Wackelkontakt


In jüngster Zeit, wobei Zeit für mich in langen Maßen gemessen wird, in jüngster Zeit, Monaten, Jahren, schleichend, habe ich das Gefühl, dass der Kontakt zu meiner weiblichen Seite schwächer wird.

Was heißen könnte, dass ich hier alles zusammenpacke, diesen Blog aufrolle und beginne, meine Geschichte als Mann zu erzählen.

Nein, das passt auch nicht! Nichts passt! Die Dinge passen nur den Menschen, die glauben und nicht denken! Denken, das heißt im „Wenn“ und im „Aber“ schwimmen, den Kopf über Wasser halten, sich gegen das Untergehen wehren. Auch nicht gut, zu viel an übertriebener Dramatik!

Einige Jahre lang war ich mir meiner doppelten Identität ziemlich sicher. Aber im Augenblick wird Tanja schwächer. Und ich bin nicht froh darüber. Sie wird nicht verschwinden (ich war erst letzten Samstag Tanja), aber schwächer eben.

Ich suche nach den Ursachen. Da gibt es Hypothesen:

  • Ich altere sichtbar, habe ein paar Speckröllchen zu viel ober den Hüften, und einige meiner Sachen sind dadurch recht eng oder zu eng –> die rationale Erklärung.
  • Ich bin ein Herz und eine Seele mit meiner Liebsten, und da stört Tanja als „die Andere“ und wird eskapistisch weniger gebraucht –> die emotionale Erklärung.
  • Die immer wieder sichtbar werdende Spaltung der Transgender-Gemeinschaft in Transvestiten und Transsexuelle frustriert mich –> die politische Erklärung.

Vielleicht ist es eine Mischung aus allen dreien.

Published in: on 12. März 2016 at 21:39  Kommentare deaktiviert für Wackelkontakt  
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Das schwarze A der Anarchie


Vor ein paar Tagen hat ein „netter“ Mensch mit einer Spraydose das da auf dem Tor unseres Wohnhauses hinterlassen:

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Uii, das Zeichen des Anarcho! Jetzt fürchte ich mich aber echt! Es soll wohl sagen: „Wir sind da! Wir beobachten euch! Wir können jederzeit zuschlagen!“ Es muss aber in der Nacht sein, und wir brauchen dazu bloß eine Spraydose und gaaaanz viel Mut. 😉

Der Anarchismus ist in meinen Augen ja der dumme August, der Clown unter den radikalen Ideologien. Der Anarchist gleicht einem Grenzdebilen, der hundertmal mit dem Kopf voran gegen eine dicke Betonmauer rennt, sich jedesmal das Blut von der Stirn wischt und laut verkündet: „Aber beim nächsten Mal ist ein Loch drin!“ Und er meint nicht seinen Kopf….

Der Anarchismus versucht uns einzureden, dass der Mensch sich nur von jeder Form von Herrschaft oder Hierarchie befreien müsste, um das Paradies auf Erden zu schaffen. Er ignoriert aus meiner Sicht grundlegende biologische Fakten, die nicht zur Grundidee aus dem philosophischen Elfenbeinturm („Der Mensch ist von Natur aus gut, friedlich und kooperativ“) passen, etwa dass der Mensch von Natur aus bestrebt ist, sich mit anderen zu messen und sich über andere zu erheben.

Heute bilden anarchistische Gruppen ein eher harmloses Bild linker Polit-Folklore im Sektenformat. Doch das war nicht immer so! Im späten 19. Jahrhundert entwickelten und erprobten radikale Anarchisten-Gruppen das perverse Konzept des politisch motivierten Terrorismus. Sie wollten die Weltrevolution herbeibomben.

Heute schwingen sie die Spraydose anstatt Dolch und Dynamitstange. Und sie kleben unsäglich geschwätzige Plakate, die keiner liest, auf diverse Wände.

Published in: on 18. Januar 2016 at 22:22  Kommentare deaktiviert für Das schwarze A der Anarchie  
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Die kleine Hölle im Umzugskarton


Ich hasse Veränderungen. Die schnellen, die ruckartigen jedenfalls. Ich liebe die Kontinuität und das, was wächst und Schritt für Schritt vorwärts macht.

Und jetzt steht wieder einmal eine private Übersiedlung an. Mein Mietvertrag läuft nach zehn Jahren ab. Meine Freundin und ich möchten eine neue, gemeinsame Wohnung. Eine Wohnung ist gefunden, ein Mietvertragsentwurf samt Zusage von Eigentümer und Hausverwaltung liegen vor, einen Termin für Vertragsunterzeichnung und Schlüsselübergabe gibt es auch schon.

Also werde ich ab 1. Juni damit beschäftigt sein, meinen Hauptwohnsitz in eine nagelneue Maisonette in einer anderen Wiener Vorstadt zu verlegen. Dachgeschoß, zwei Etagen, kleine Loggia/Terrasse. Nicht besonders groß für zwei, aber die Lage war uns wichtig, und mehr Wohnraum in den Bezirken Eins bis Neun können wir uns halt nicht leisten.

Jetzt kommt die Übersiedlung – die gefürchtete Veränderung, die ruckartige. Hunderte Kleinigkeiten und Detailfragen, die mir nächtelang den Schlaf rauben werden. Welche Umzugsfirma, welcher Termin, wieviele Kartons? Telefon, Kabelfernsehen, Satellitenfernsehen, Internet, elektrischer Strom, Haushaltsversicherungen, welche Verträge kündigen wir, welche können wir auf den neuen Haushalt übertragen, welche müssen wir neu schließen? Möbel, Einrichtungsgegenstände und Hausrat werden ein echtes Problem werden. Die neue Wohnung liegt in einem ausgebauten Dachgeschoß, also sind Dachschrägen zu berücksichtigen, und das schränkt die für hohe Kästen geeigneten Aufstellflächen deutlich ein. Wir werden mehr Kommoden, Truhen und Laden brauchen. Und wir haben natürlich zu viele Teller, Gläser, Töpfe, Pfannen und Küchenbesteck. Wer trennt sich von welchen Sachen? Wie werden wird die Überschüsse los? Verkaufen, verschenken, wegwerfen? Brauchen wir die Sperrmüllabfuhr? Und dann wäre da natürlich noch die Frage der Räumung meiner jetzigen Wohnung. Werde ich sie ausmalen lassen, wie es im Mietvertrag steht, oder riskiere ich einen Rechtsstreit? Es gibt mehrere Verbesserungen, die ich gemacht habe. Kriege ich dafür eine Ablöse und von wem? Bekomme ich meine Kaution anstandslos zurück, oder wird die Vermieterin Spompanadeln  machen?

Und all das in ein, zwei, drei Monaten! Ich bräuchte – neben ein paar Möbelpackern – einen Übersiedlungsorganisator, einen Verkaufsagenten, einen Entsorgungsbeauftragten und vielleicht am besten gleich auch noch einen Rechtsanwalt, einen mit allen Wassern gewaschenen Experten für Wohnrechtsfragen (nur für alle Fälle).

Dann könnte ich (vielleicht) in den nächsten Wochen und Monaten ruhig schlafen. Aber das kann ich mir nicht leisten. Also werde ich mir selber einen Weg durch die diese kleine, gemeine Hölle voller Fußangeln suchen müssen.

Published in: on 19. April 2015 at 19:10  Kommentare deaktiviert für Die kleine Hölle im Umzugskarton  
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Der breite Strom, der Enttäuschung heißt


Kein guter Tag! Um etwa vier Uhr kam die Nachricht, dass es mit einem hoffnungsvollen Karrieresprung nichts wird. Nicht dass ich, wie könnte es auch anders sein, fix damit gerechnet hätte. Bleibt der Trost, dass ich gelernt habe, mit Enttäuschungen umzugehen. Kann ich inzwischen ganz gut. Und ich halte das für eine sehr wichtige soziale Fähigkeit.

Ich habe einen fairen Kampf geliefert, aber die Konkurrenz war zu stark. Ich habe mein Bestes gegeben, ich war ehrlich, habe es ohne taktische Lügen oder diplomatisches Geschwurbel versucht. Gut, Letzteres war im Hinblick auf den Erfolg vielleicht ein Fehler, vielleicht der entscheidende Fehler, aber was soll’s! Ich habe mich jedenfalls nicht verbogen. Siegertypen haben andere Probleme, etwa den Kampf mit dem Drang, sich im Größenwahn zu verlieren. Durchschnittsmenschen wie ich kämpfen mehr mit dem Drang, sich zwecks Schmerzvermeidung in gar nichts mehr einzulassen.

Aber das wird nicht passieren! Ich würde es noch einmal versuchen. Es war vielleicht eine jener Chancen, denen man besser als nachweisliche/r Verlierer/in nachweint als in der Rolle des Hättiwäri, der Lebensform des verhatschten Konjunktivs.

Betrachtet man die Enttäuschung als breiten Strom, so bin ich wohl bis ans andere Ufer geschwommen und habe nun wieder festen Boden unter den Füßen.

Published in: on 22. Juli 2013 at 17:39  Comments (3)  
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Kunst oder Handwerk?


Was ist die Liebe nun, Kunst oder Handwerk? Sind die Kräfte, die uns an einen anderen Menschen binden, höhere Himmelsmacht, Schicksal, Bestimmung, das Ergebnis feiner Ästhetik oder grobe Tischlerei?

Diese Fragen lasten mehr oder weniger schwer auf uns allen, so wir nicht eine zölibatär-solitäre Existenz in einer Mönchsklause der Zwei- oder Mehrsamkeit vorziehen.

Wir wünschen uns natürlich die höhere Himmelsmacht oder die feine Ästhetik, doch ist die Realität nicht einfach das solide Handwerk? Und gibt es nicht genug Gründe, dieses Handwerk zu verfeinern und zu ehren?

Der Morgen im Bett zu zweit hat selten etwas vom geschniegelten Glanz eines Werbespots für Edelmargarine oder Luxus-Kaffeemaschinen, makellos schöne Körper im weichen Licht, saubere Seidenbettwäsche, ein duftendes Frühstückstablett wie von Zauberhand ans Bett serviert und jede Menge Zeit….oh weh! Die Realität ist gebrauchte, buntscheckige Bettwäsche, sind ein piepsender Wecker, Ringe um die Augen und ein „Du hast wieder einmal geschnarcht!“ oder „Ich hasse das Aufstehen!“ zur Begrüßung.

Mit einer Partnerin oder einem Partner in solch glanzloser Atmosphäre auszukommen, das ist Beziehungshandwerk, aber ist es auch Liebe? Und ist es Kunst, trotzdem zu lachen, einen Kaffee zu machen (gut, nicht ganz den tollen, für den der George Clooney Werbung macht! ;-)) und unter Anspannung zu lächeln wie eine körpergestählte Ballerina beim Spitzentanz?

Und wie ist das, wenn man sich küsst, wenn man es genießt, Freude daran hat, und da ist doch dieser klitzekleine, böse Wurm im Hinterkopf, der einem sagt: „Und sie hat doch zuerst den Kopf weggedreht, als Du dich ihr genähert hast!“ oder „Erinnerst Du dich noch an den Kuss mit F***? So muss es knistern, wenn sich die Lippen berühren!“? Doch leider ist F*** woanders oder mit A*** zusammen (oder schwul oder lesbisch, oder was weiß ich!). Jedenfalls außer Reichweite. Und die Realität ist, dass du ein Bein fest an den Sessel deiner Beziehung leimen musst, weil er das ist, was du hast, lange dauernd, zerbrechlich und verlässlich zugleich.

Ganz gleich, ob man auf Wolken schwebt oder bloß in der sprichwörtlichen Beziehungskiste haust: die Erinnerungen entscheiden. Durch sie stehe ich selbst heute noch Menschen innig nahe, mit denen ich nie die Spur einer „Beziehung“ hatte. Die Erinnerungen sind der Prüfstein für Kunst und Handwerk.

Published in: on 2. Mai 2011 at 10:31  Kommentare deaktiviert für Kunst oder Handwerk?  
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