Eine Hammerl haut daneben


Elfriede Hammerl ist eine feministische Legende unter Österreichs Journalistinnen. Sie schreibt regelmäßig für das Wochenmagazin Profil. Ihr Wort hat Gewicht.

Gestern ist in der Online-Ausgabe des Profil folgender Beitrag erschienen: „Elfriede Hammerl: Wer eine Frau ist – Konkurrenz auf High Heels um das Wohlwollen der Patriarchen.“ Dazu muss ich einfach eine kritische Erwiderung schreiben.

Eines hat die Autorin wohl richtig erkannt: den Rechten, dem sogenannten „Patriarchat“, den Gegnern der Gleichberechtigung überhaupt, ist es völlig egal, wer eine Frau ist, oder ob eine Transfrau als solche rechtlich anerkannt wird oder nur ein geistesgestörter Mann ist. Für die zählt vor allem, dass Frauen in der Gesellschaft unten sind.

Aber, wie viele traditionelle und neuerdings zur Gruppe der Gender Critcals zählbaren Femininstinnen, begibt sich Elfriede Hammerl auf den gefährlichen Pfad, das gesellschaftliche Frausein an der Biologie, an den Fortplanzungsorganen & Genitalien festzumachen. Unterm Strich steht da, dass Transfrauen eben doch nicht ganz oder eben keine richtigen Frauen sind. Sondern Männer, die nur so tun und halt von der Rechtsordnung – bedauerlicherweise? – als Frauen anerkannt werden.

Pauschal wirft sie den „Aktivistinnen der Trans-Frauen“ Geringschätzung für Cisfrauen vor, wobei sie das Doppeldenk-Kunststück schafft, den Kritisierten den biologisch differenzierenden Begriff „Cis-Frau“ als abwertend vorzuhalten, während sie ihnen ein paar Sätze weiter vorwirft, Frauen überhaupt in einem „bunten Angebot(s) an verschiedenen Geschlechtern“ zum Verschwinden bringen zu wollen. Unterschiede anerkennen ist also auch falsch? Das Ganze kulminiert in folgendem Befund:

„Es sieht aus, als wäre ein Konkurrenzkampf im Gange, nicht zur Abschaffung des Patriarchats, sondern um die Anerkennung der Patriarchen. Die Trans-Aktivistinnen kämpfen ihn mit den bewährten Methoden der Geschlechterungleichheit und präsentieren sich mit allen Attributen eines Rollenbilds, um dessen Überwindung sich die Frauenbewegung jahrzehntelang bemüht hat, sie präsentieren sich als Sexobjekte.“

Um im nächsten Satz das Uralt-Klischeebild der Drag-Queen mit „Sehnsucht nach High Heels und 15 Zentimeter langen Fingernägeln“ zu bemühen. Unterm Strich: Transfrauen sind Verbündete des Patriarchats und haben daher weniger Soldarität, dafür aber mehr verbale Hiebe mit dem Rohrstaberl auf die „15 Zentimeter langen Fingernägeln“ verdient. Denn, so Elfriede Hammerls Antwort auf die Frage, „wer aller verdient am Hype um die Geschlechtervielfalt. The Winner is …? Richtig, die Pharmaindustrie. Die plastische Chirurgie.“

Klar, Trans-Frauen sind also, überspitzt gesagt, verwirrte Männer, die vom Patriarchat, das bekanntlich ja diese Wirtschaftszweige beherrscht, dazu verführt werden, sich als Frauen zu gerieren, sich mit Hormonen vollzupumpen und sich Riesenbrüste aus Silikon machen zu lassen, damit das Gerschtl stimmt, um danach die Reinheit des weiblichen Geschlechts zu verschmutzen und die feministische Bewegung zu unterwandern. Dass eine seriöse Kolumnistin so etwas hintippt, das zusammengefasst fast wie die Beschreibung einer Verschwörungstheorie klingt, ist bemerkenswert.

Wie in so vielen Streitigkeiten unserer Tage geht es hier nicht darum, Gemeinsamkeiten zu finden und gemeinsam besser, stärker oder klüger zu werden. Oder Trennendes zu definieren und einander über diese Grenzen hinweg doch mit Respekt zu begegnen. Ja, es geht in diesem Kommentar um einen Konkurrenzkampf. Nämlich jenen um die Hoheit zu definieren, wer das echtere, moralisch hochwertigere Opfer einer finsteren Macht – hier des „Patriarchats“ – ist und daher den besseren Platz an der Opfer-Futterkrippe verdient hat. Eine im Grunde absurde Streitigkeit, die mir aber irgendwie erhellt, warum Dikatoren und Autokraten vom Schlage eines Putin oder Orban unsere liberale Gesellschaft für dekadent halten können.

Biologie ist übrigens ein Lieblingsfach der Rechten und des „Patriarchats“. Mangels eines passenden akademischen Abschlusses beteilige ich mich jetzt sicher nicht an der Diskussion, ob es biologisch beim Menschen zwei, drei oder zwanzig Geschlechter gibt. Als Juristin sage ich der Frau Hammerl aber, dass es für die Rechtsordnung derzeit in Österreich (und den meisten Mitgliedstaaten der EU) drei (Mann, Frau und Intersexuelle/r) gibt, und dass die Grenzen zwischen Mann und Frau überschritten werden können, weil rechtlich hier nicht Gene und Genitalien sondern die soziale (Selbst-) Einordnung entscheidet. Und als historisch denkender Mensch erinnere ich Frau Hammerl daran, dass der entscheidende Erfolg des Feminismus darin bestanden hat, den biologisch begründeten und durch Jahrhunderte kaum hinterfragten Standpunkt, wonach der Mann von Natur aus Soldat und Schaffender, die Frau aber Mutter und Dienerin sei, auf den Misthaufen der Geschichte zu befördern.

Wer in der Transgender-Frage die Biologie zur unabänderlichen gesellschaftlichen Richtschnur macht, stärkt nur jene, die das gerne rückgängig machen würden.

Published in: on 7. August 2022 at 23:00  Kommentare deaktiviert für Eine Hammerl haut daneben  
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„Mannfrau“ in der Frauenmannschaft?


Und wieder einmal Ärger mit Trans! Diesmal bedrohen Transfrauen nicht nur konservative Grundwerte wie Familie, Ehe und Heterosexualität, sondern ein neuentdecktes Heiligtum des Feminismus: den Frauensport. Anlass ist eine Transfau aus den Vereinigten Staaten von Amerika, Lia Thomas, die als Schwimmerin bei den dortigen College-Meisterschaften mehrere Bewerbe gewonnen hat. Seither wird darüber diskutiert, ob sie das darf, oder ob die Regeln (wieder) vorsehen sollten, dass Wettbewerbe für Frauen nur für – ja, wie jetzt? – „echte“, genetische oder einfach nur Cisfrauen offen sein sollten.

Im wirklichen Leben läuft die Diskussion noch viel, viel härter ab, wohl eher nach dem Muster der – bewusst nicht „korrekten“ – Überschrift über diesem Blogbeitrag. Lia Thomas und ihre Zulassung als Sportlerin durch den Universitäts-Sportverband NCAA wurden schnell zum Politikum, und konservative Menschen nutzen ihre Geschichte, um nach dem Motto „Wohin wird das noch führen?“ Stimmung gegen LGBTIQ+ zu machen.

Während diese Reaktion vorhersehbar war und völlig unberechtigt ist, sind die Stimmen gegen sie aus dem feministischen Lager anderer Natur und differenzierter zu betrachten.

Vielen Menschen ist einfach noch nicht bewusst, dass sich „Geschlecht“ im letzten Jahrzehnt von einem biologisch-genetischen zu einem rechtlich-sozialen Begriff gewandelt hat. Wenn wir heute von Geschlecht reden, dann meinen wir den englischen Begriff „Gender“. Das ist, in Österreich wie in den Vereinigten Staaten von Amerika, eine Tatsache, ausdiskutiert und von Gesetzgebern wie Höchstgerichten mehrfach besiegelt. Seine Gene kann man nicht ändern, ein bei der Geburt fälschlich zugeschriebenes Geschlecht jedoch schon.

Unser rechtlicher Status als Mensch hängt, trotz grundsätzlicher Gleichberechtigung von Mann und Frau, in vielfacher Weise vom Geschlecht ab. Unter anderem im Sport. Im Sport hat ein Mensch, der sich in seinen ersten zwanzig Lebensjahren wegen seiner Gene und seines Hormonsystems „männlich“ entwickelt hat, natürlich einige Wettbewerbsvorteile. Er kann statistisch auf eine höhere Durchschnittsgröße, stärkere Knochen und eine kräftigere Muskulatur bauen. Vorteile, die eine Transfrau im Verlauf einer gegengeschlechtlichen HRT allerdings zumindest teilweise wieder verlieren wird.

Aber ähnliche Vorteile haben, wenn man beispielsweise die Ergebnisse von Marathonläufen anschaut, offenkundig in athletischen Sportarten auch Menschen dunkler Hautfarbe mit afrikanischen Genen. Trotzdem würde niemand auf die Idee kommen, Äthiopier/innen oder Kenyaner/innen bei solchen Rennen wegen „unfairer genetischer Vorteile“ vom Start auszuschließen. Weil man das zurecht als Ausdruck von Rassismus verurteilen würde. Genetische Weiße müssen es also hinnehmen, regelmäßig von Afrikanerinnen und Afrikanern oder doch Menschen afrikanischer Abstammung in athletischen Wettbewerben geschlagen zu werden, aber Cisfrauen brauchen sich nicht der Konkurrenz einer Transfrau zu stellen?

Natürlich könnte man an dieser Stelle unseres Gedankenexperiments dazu fortschreiten, ein Konzept der „genetischen Chancengleichheit“ zu entwickeln und Sportlerinnen und Sporter nicht mehr nach dem Geschlecht sondern nach ihren genetischen Anlagen (für Körperbau und Kraft) in Leistungsgruppen einzuteilen. Aber davon halte ich nichts.

Hinter der ganzen Diskussion steckt auf Frauenseite die Vorstellung, dass eine Transfrau eben doch ein „verkleideter Mann“ ist, der sich in die Frauenliga „schleichen“ möchte, um dort mit Hilfe seiner männlichen Gene Erfolge einzustreifen, für die es in der Männerliga nicht gereicht hätte. Manche erwarten oder fürchten gar ein Massenphänomen.

Diese Ängste und Sorgen halte ich für stark übertrieben. Angesichts der Zahl der aktiven Spitzensportler/innen im Durchschnitt der Gesamtbevölkerung, gebrochen durch die Zahl der Transmenschen, schätze ich, dass eine Spitzenathletin derzeit Pi x Daumen zweieinhalb Karrieren durchlaufen müsste, bis sie einmal in einem Wettkampffinale auf eine Transfrau trifft – und vielleicht von ihr geschlagen wird. Ich bezweifle auch, dass es zu dieser Frage schon aussagekräftige statistische Daten gibt.

Aber es gibt natürlich einige transphobe Gruppen, die solche Ängste schüren. Man warnt davor, dass jede Erleichterung eines Wechsels der rechtlichen Kategorie des Geschlechts und jede Aufweichung des binären Geschlechtsmodells die Sportwelt ins Chaos stürzen werde. „Mannfrauen“ würden sich, nach ein paar kleinen bürokratischen Formalitäten, in Frauenmannschaften und Frauenligen drängen. „Fraumänner“, also Transmänner, würden, aus medizinischen Gründen befreit von Dopingbeschränkungen, mit Testosteron vollgepumpt gegen echte Männer antreten.

Ich halte die Vorstellung, dass sich irgendjemand bloß wegen der vagen Aussicht auf sportliche Erfolge auf den meist komplizierten und regelmäßig sozial stigmatisierenden Weg einer Gender-Transition begeben könnte, für ziemlich absurd und entsprechende Sorgen daher für unbegründet. Mit dem Phänomen, dass im Sport Gender-Grenzen in Zukunft kreuz und quer passierbar sind, werden wir allerdings alle leben müssen. Man wird Lösungen für die dabei auftretenden praktischen Probleme finden.

Ich wünsche Lia Thomas jedenfalls viel Erfolg in der Frauenfrauschaft!

Published in: on 15. Mai 2022 at 20:54  Kommentare deaktiviert für „Mannfrau“ in der Frauenmannschaft?  
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Verbieten wir das doch einfach!


Die französische Nationalversammlung hat am 4. Dezember 2013 in erster Lesung ein Gesetz beschlossen, das die Nachfrage nach entgeltlichen sexuellen Dienstleistungen mit einer Geldstrafe bis zu 1.500 € bedroht.

Verbote, sie sind ebenso modern wie umstritten. Rauchen (in der Gastronomie), Biertrinken aus der Flasche auf öffentlichen Plätzen (in Graz und in den USA fast überall) und jetzt vielleicht auch noch die Prostitution, politisch korrekt: die Sexarbeit. Tugend durch Zwang und Strafe.

Es ist eine Bewegung, die von Schweden ihren Ausgang genommen hat und von Teilen der Frauenbewegung massiv unterstützt wird. Derzeit wird ein solches Verbot auch in Deutschland – dort ventiliert von der feministischen Frontfrau Alice Schwarzer – intensiv diskutiert.

In Österreich wurden dagegen in jüngerer Zeit eher Schritte unternommen, die Sexarbeit weiter zu legalisieren und abzusichern.

Die normale logische Kette, die zu einem Verbot und zur Strafbarkeit einschlägiger Handlungen führen würde, wäre nun diese:

  1. Prostitution ist ein gesellschaftliches Übel (moralisches Werturteil).
  2. Prostitution wird daher verboten (rechtspolitische Entscheidung) .
  3. Die an der Prostitution Beteiligten (Anbieter/innen, Käufer/innen, Zuhälter/innen, etc.) werden bestraft (rechtliche Konsequenz, Verpönung).

Der fragwürdige Trick, mit dem das moderne Prostitutionsverbot gerechtfertigt werden soll, ist nun dieser: man verbietet nicht die Arbeit, man bestraft nicht die Anbieterinnen, man bestraft nur und ausschließlich die Käufer. So, als würde man nicht den Dealer sondern nur den Drogenkäufer einsperren.

Die Kette sieht daher beim „modernen“ Prostitutionsverbot seltsam anders aus:

  1. Prostitution ist ein gesellschaftliches Übel (moralisches Werturteil).
  2. […]
  3. Die Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen wird bestraft (einseitige Verpönung als alleinige rechtliche Konsequenz).

„Käufer“, die männliche Form des Wortes, ist hier bewusst gewählt und geschrieben. In der Welt dieser rigiden feministischen Moral kommen Frauen als Konsumentinnen von käuflichem Sex und männliche Sexarbeiter nämlich gar nicht vor. Oder bestenfalls als verwirrte Seelen, als unbedeutende Kratzer auf der Platte eines festgefügten Weltbilds. Es ist dies eine Welt, in der Frauen ausschließlich Opfer und Männer ausschließlich Täter sind. Eine „praesumptio iuris ac de iure“ gewissermaßen, eine unwiderlegbare, rechtlich bindende Vermutung (Fiktion). Und Opfer brauchen natürlich Schutz und damit starke Beschützerinnen.

Als „fragwürdig“ bezeichne ich dies deshalb, weil diese Politik Sexarbeit ganz klar zum gesellschaftlichen Übel erklärt, eine an diesem „Übel“ beteiligte Seite aber von den strafrechtlichen Folgen, die an dieses moralische Urteil geknüpft werden, ausnimmt, während die andere Seite die volle Härte des Gesetzes spüren soll. Ob dies aus der Perspektive des grundrechtlichen Gebots der Gleichheit aller vor dem Gesetz rechtlich haltbar ist, wird sich zeigen.

Dahinter steht die Vorstellung, dass Frauen stets und ausnahmslos von Männern zur Sexarbeit gezwungen werden, dass man also nur den – männlichen – Wunsch nach käuflichem Sex unterdrücken muss, um Sexarbeiterinnen ein freies und selbstbestimmtes Dasein zu ermöglichen.

Jeder Mensch, der nun leugnet, dass es in der Sexbranche unappetitlich zugeht, und es dort Nötigung, Zwangsarbeit, ja moderne Formen der Sklaverei gibt, möge sich schämen! Aber all diese Dinge sind bereits strafbar und werden nicht verschwinden, bloß weil man die Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen unter Strafe stellt. Ich glaube nicht, dass ein russischer oder chinesischer Menschenhändlerring, der minderjährige Frauen als Zwangsprostitutierte nach Frankreich verschickt, unter dem Eindruck eines solchen Verbots seinen Opfern ein Bündel Bargeld in die Hand drücken und sie reumütig in die Freiheit entlassen wird!

Ja, wie ist das überhaupt mit der Freiwilligkeit in ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen aller Art? Setzt sich jemand freiwillig an die Supermarktkasse, schlichtet Waren ins Regal oder putzt anderer Leute Dreck weg, weil sie oder er darin Erfüllung findet und einen fairen Anteil am Gewinn bekommt? Nein, das ist sind alles bloße  Jobs, die man macht, weil man nichts Anderes hat oder nichts Besseres zu finden glaubt. Ähnlich ist es mit der Sexarbeit. Die „Hure aus Leidenschaft“ ist wohl ein Mythos, eine (männliche) Sexfantasie.

Aber wenn man Ausbeutung verbietet, so heißt das nicht, dass die Ausgebeuteten ab sofort fair bezahlt werden oder einen schöneren Job bekommen. Meistens entsteht bloß ein grauer oder schlimmstenfalls ein schwarzer Markt. Also ein Markt, der sich staatlicher Aufsicht entzieht oder zur Gänze von kriminellen Elementen kontrolliert wird, so wie der Markt für verbotene Suchtmittel.

In einem legalen Markt für Sexarbeit kann man darauf drängen, Zuhälter und andere Ausbeuter in die Schranken zu weisen. In einem „grauen Markt“, in dem Nachfrager/innen sich vor der Polizei fürchten müssen, was auch Anbieter/innen davon abhalten wird, im Beruf an der Staatsmacht auch nur anzustreifen, könnte die Kontrolle wieder stärker in die Hände von Berufskriminellen gelangen. In einem solchen Markt wäre, zynisch gesprochen, die „ideale“ Sexarbeiterin sehr jung, drogenabhängig und würde sich illegal im Land aufhalten. Solcherart könnte sie von Zuhältern – oder sogar Zuhälterinnen? – leicht kontrolliert und davon abgehalten werden, sich an die Polizei zu wenden.

Oder glaubt jemand an das feministische Märchen, dass die Prostitution verschwinden wird, wenn man Männer nur hart genug bestraft?

So verlangt’s die Disziplin…..


Sommerlochthema „Die Töchter in der Bundeshymne“.

Kurzfassung: Ich bin natürlich dafür.

Langfassung: Die ÖVP blamiert sich öffentlich schwer, als ihre Nationalratsabgeordneten durch das in Österreich selten gebrauchte Instrument der Filibusterrede einen Initiativantrag ihrer aus dem Nationalrat ausscheidenden Kollegin Maria Rauch-Kallat zur Änderung des Textes der Bundeshymne verhindern.

Ein Skandal, konservative Machos machen eine mutige Frau und ihr feministisches Anliegen nieder!

Schmafu, wer meint, bei dieser Sache wäre es um den Text der Bundeshymne und die textliche Gleichberechtigung von „Töchtern“ und „Söhnen“ gegangen, zielt meterweit am Punkt vorbei!

Karlheinz Kopf, dem Klubobmann der Volkspartei, war sicher nicht ganz wohl in seiner Haut, als er das „Filibustern“ befohlen hat. Aber der Klub- oder Fraktionschef heißt im Englischen nicht umsonst „(Chief-)Whip“, die Peitsche, der Einpeitscher (der Partei nämlich).

Hier ging es um Disziplin, und nirgendwo in der Politik ist diese so streng wie in den Reihen der „Droidenarmee“, über die SPÖ, FPÖ und ÖVP in den österreichischen Parlamenten gebieten (doch auch bei den Grünen wäre der Fernsteuerchip im Abgeordnetenhirn im Zweifel aktivierbar, wie man in Wien derzeit beobachten kann).

Herr Kopf und sein Parteichef durften im Interesse des Zusammenhalts der angezählten Volkspartei den Präzedenzfall nicht dulden, dass eine Abgeordnete – und sei es eine ihren Abschied nehmende verdiente Veteranin wie Rauch-Kallat! – aus der Reihe tanzt und ohne Befehl der Parteispitze aktiv wird.

Daher wurde ein Exempel statuiert und die Initiative brutal niedergeknüppelt. Die schlechte Presse dafür hat man achselzuckend in Kauf genommen. Ging halt nicht anders! Hauptsache, die übrigen Schweine am Trog wissen jetzt wieder, dass sie zu fressen, Geschäftigkeit vorzutäuschen und auf Kommando unisono „Ja“ oder „Nein“ zu grunzen haben!

Und dieses System, in dem man eigentlich die Abgeordneten problemlos durch Stimmrechte ersetzen könnte, die auf einer Chipkarte des Parteiobmanns gespeichert sind, wird weiter funktionieren. So lange, bis ein Persönlichkeitswahlrecht den Schwerpunkt der Loyalität von der jeweiligen Parteiorganisation (die in Wahrheit die Mandate vergibt) zu den Wählerinnen und Wählern verschiebt.

Wenn der Ehschowissen mit dem Mann wackelt


Dominique Strauss-Kahn, kurz DSK genannt, der frühere französische Finanzminister und Präsident des Internationalen Währungsfonds, ist wieder in Freiheit. Der Vorwurf der versuchten Vergewaltigung hat sich noch nicht in Luft aufgelöst. Doch die Frau, die anklagend auf ihn gezeigt hat, scheint sich selbst in Konflikt mit einigen Tatsachen gebracht zu haben, sodass die New Yorker Staatsanwälte aus Angst vor einer Blamage in dieser „clamorosen“ Causa ein paar Gänge zurückgeschaltet haben.

Aber auch wenn es einvernehmlicher Sex war, was lässt einen Mann, der alles hat, Erfolg, Ehre, Einkommen, Macht, ja die Chance, als französischer Staatspräsident einen einsamen Gipfel der Macht zu erklimmen, das Risiko eingehen, eine westafrikanische Asylantin, ein Zimmermädchen in einem Luxushotel, zum spontanen Oralsex zu drängen oder zu überreden? Denn ich glaube, zumindest letzteres können wir im Fall DSK als Tatsache annehmen.

Offenbar dieselben Körperteile, die US-Präsident Bill Clinton einst veranlasst haben, sich von der Praktikantin Monica Lewinsky einen blasen zu lassen: Schwanz und Eier. Jene männlichen „Edelsteine“ also, die, erst einmal voll unter Dampf, offenbar dem Gehirn keine Chance lassen und das Kommando übernehmen.

Wie viele – alle? – Beobachterinnen und Beobachter der jüngsten Fälle DSK und Kachelmann anmerken, prallen da Weltbilder aufeinander: Hier die feministische Theorie vom Mann als latent triebgesteuertem Unhold, dem nicht zu trauen sei, dort die maskulistische Theorie von der Frau als hinterhältigem Schmarotzerwesen, das den genetisch bedingten Drang des Mannes zur Fortpflanzung nutze, um ihn hinterher finanziell wie moralisch auszupressen.

Nun, genetisch bin ich ein Mann. Meine vor eineinhalb Jahren im Labor bestimmten Werte für die gängigsten Sexualhormone lagen alle im altersmäßigen Referenzbereich. Ich bin keine Testosteronbombe, aber ich funktioniere „da unten“ offenbar ganz normal.

Aber ich verstehe Männer wie DSK und Kachelmann nicht, die ihren Penis in jede weibliche Körperöffnung stecken müssen, die sich anbietet – und vielleicht noch viel mehr in die, die sich nicht anbieten!

Ich bin nicht prüde und „moralisch“, oh nein! Ich bin Libertine oder Libertin, ich glaube an ein gewisses Maß an erotischer Freiheit und Freizügigkeit, das man sich gönnen sollte. Wahrscheinlich hatte ich aber im Vergleich mit dem DSK-Menschentyp eine verschwindend kleine Zahl an sexuellen Begegnungen.

Aber macht dieses „Wham, bang, thank you, Ma’am!“, der schnelle Blow-Job vom Zimmermädchen, der Quickie mit der Sekretärin auf der Bürotoilette, im Verhältnis zum Risiko denn auch Spaß? Ich meine, wenn’s nur darum geht, sich schnell einen sexuellen Höhepunkt zu verschaffen: Selbstbefriedigung ist erfunden, funktioniert, und kann ihre Karriere nicht gefährden, meine Herren!

Also geht’s dem DSK-Mann wohl vorrangig gar nicht um Sex und den Abbau eines triebhaften Drangs, eines sprichwörtlichen Samen- und Hormonstaus? Haben die Feministinnen doch Recht, die männlichen Sex als Akt der Machtausübung über die Frau interpretieren? Geht es darum, „sich zu beweisen“, zu zeigen, dass man „es“ nicht nur physisch kann – DSK ist jenseits der 60, das sollte man nicht ganz übersehen -, sondern dass die Hand kraftvoll das Lenkrad dreht, man(n) fest im Sattel sitzt und das Kommando hat?

Als Mann hat mich der wahrscheinlich fehlende „Testo-Drive“ vielleicht daran gehindert, ein Alpha-Männchen vom Schlage DSKs zu werden (die dafür notwendige Intelligenz schreibe ich mir mal frech einfach zu). Und manchmal, nicht oft, aber immer wieder, erwische ich mich, erwische ich Tanja oder auch meine homosexuelle Seite bei Fantasien vom Sex mit dominanten, virilen, testosterongeladenen Männern. Stelle ich mir vor…nein, denkt euch den Rest, ich schreibe ja hier keine Pornogeschichte!

Hmmm, könnten also auch die Maskulisten Recht haben, die ein männlich-weibliches Machtgefälle als genetische Voraussetzung der Fortpflanzung interpretieren? Die sozusagen meinen, dass die Frau biologisch im Grunde auf „Beine breit!“ programmiert sei? Aber ich bin doch genetisch und hormonell keine Frau. Denke ich aber doch (auch) wie eine? Wie eine Frau, was für eine Frau? Eine Gute, eine Böse, eine Schlampe, eine mangelhaft emanzipierte Frau?

Oder habe ich einfach nur ab und zu einen bestimmten, variablen sexuellen Gusto, so wie man heute Sushi und morgen Schnitzel möchte?

Es ist kein Geheimnis, dass ich den kultur- und sozialwissenschaftlich geprägten Feministinnen mehr Sympathie entgegenbringe als den Maskuli(ni)sten mit ihrer deutlichen Orientierung an Biologie und Genetik. Auch wenn Tanja nicht unbedingt gängigen Emanzipationsidealen entspricht.

Aber zuhören sollte man beiden Seiten. Sonst wird man das Rätsel der DSK-Männer vielleicht nie entschlüsseln können.

Published in: on 4. Juli 2011 at 22:22  Kommentare deaktiviert für Wenn der Ehschowissen mit dem Mann wackelt  
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Warum Feministinnen Transvestiten hassen


Am Samstagnachmittag hatten Tanja und Vierstern einen kleinen Disput.

Wir waren mit der U-Bahn unterwegs zurück von einem Besuch im Schönbrunner Tiergarten in Richtung Stadt. Ich in einem luftigen, kurzärmeligen Kleid, den schwarzen Strohhut auf der (fast) platinblonden Mähne und neue Sandalen an den Füßen.

Tanja in Schönbrunn

Tanja mit Strohhut, 7. Mai 2011

Vierstern vor allem eines: im Stress. Unruhig und quirlig, so als ob das Zusammensein mit mir ein Hindernisparcours wäre, den es alle ein bis zwei Wochen in Rekordzeit zu bewältigen gelte: hoppauf, hoppauf, gemma, gemma! Und dann hätten wir „das“ auch wieder einmal hinter uns!

Gewitterwolken am Beziehungshorizont. Ich fühle mich als Frau fröhlich und innerlich rund, ich möchte in dieser Stimmung für niemanden Stressfaktor sein. Da bin ich lieber noch alleine.

Im Gespräch höre ich zum wiederholten Male, was sie unter anderem beunruhigt: Ihre sexuelle Identität (als Hetera) wäre bedroht. Ihr Bild in den Augen der Welt wäre verschoben.

Dann die Frage, die uns zum Titel dieses Eintrags bringt: „Wie wäre das, wenn dir ein Mann auf den Hintern greifen würde?“

Wahrheitsgemäß antworte ich, dass es mir nicht wirklich unangenehm wäre, es aber schon auf das Mannsbild ankäme, an dem die Hand hängt. Wahrscheinlich würde ich es bei einem scheinbar empörten, spielerischen Protest belassen, solange der Mann nicht mehr probiert und nicht wirklich zudringlich wird.

Viersterns sinngemäße Reaktion ist eindeutig und streng: „Aber das ist ja entwürdigend!“

Ja, dafür hassen viele Feministinnen uns Transvestiten! Weil wir weibliche Klischees übernehmen, weil viele von uns absolut nichts dagegen haben, als Objekt sexuellen Begehrens (aber nicht „der sexuellen Begierde“!) gesehen zu werden, weil wir lieber Paris Hilton (Geld, Sexappeal) als Alice Schwarzer (Stärke, intellektuelle Brillanz) sein möchten (beide nicht unmittelbare Vorbilder für mich aber ihrerseits Klischee-Archetypen). Sie fühlen sich, als würden sie aus den eigenen Reihen angegriffen, von einem verkleideten, getarnten Mann – ja, eine Feministin würde Tanja wohl sicher die Akkreditierung als Frau verweigern! -, der die klischeehaften „Waffen einer Frau“ (Aussehen, Verführung, Sex) gegen sie richtet.

Ich kann es ja irgendwie verstehen.

Und damit niemand meine Antwort falsch versteht, schreibe ich an dieser Stelle klipp und klar: Kein Mann hat das Recht, einer Frau ungefragt auf den Po zu grapschen! Kapiert, ihr Machos in nah und fern?

Es ist auch eine simple Frage der bildhaften Wirkung. Mike im Kleid mit deutlich sichtbarem Make-up und auf High Heels, das ist eindeutig Tanja, also jemand, der als Frau wahrgenommen werden möchte. Darauf können Mitmenschen reagieren, mit Akzeptanz oder Ablehnung. Mike in Jeans mit Turnschuhen oder flachen Schuhen und dezentem Make-up, das ist bestenfalls ein androgynes Wesen, ein unentschiedenes Geschöpf, trotz Damenunterwäsche und Silikoneinlagen im BH.  Darauf wissen viele Mitmenschen einfach keine Antwort, bleiben stumm oder schauen weg. Eine Bio-Frau ist sich ihrer Rolle und ihres Körpers sicher und kann daher leichten Herzens auf das eine oder andere Attribut beider verzichten oder es nicht betonen. Ein Transvestit kann das nicht – oder er tut sich jedenfalls viel schwerer dabei!

Ich bitte einfach um Verständnis, liebe Freundinnen, die ihr für Frauenrechte gekämpft habt und kämpft! Ich ziehe meinen schwarzen Strohhut. Ich danke euch!

Aber je schöner das Wetter wird, desto weniger verstehe ich auch Frauen, die in der warmen Luft unbedingt Hosen tragen möchten. So ein luftiges Sommerkleidchen ist doch unvergleichlich kühler und bequemer!